Für sein erstes großes Interview in Deutschland nach seinem Rauswurf beim VfL Wolfsburg hatte sich Mark van Bommel eigentlich einen guten Zeitpunkt ausgesucht.
Ende Oktober musste der frühere Bayern-Kapitän nach acht Spielen ohne Sieg als VfL-Trainer gehen. Und viele dachten seinerzeit: Schlimmer kann es mit diesem Champions-League-Kader kaum mehr werden.
Nur 0:0 gegen Hertha BSC
Doch knapp drei Monate später sind die Wolfsburger von Platz neun zum Zeitpunkt des van-Bommel-Abschieds mitten in die Abstiegskampfzone der Fußball-Bundesliga abgerutscht. Das 0:0 gegen Hertha BSC beendete zwar eine quälende Serie von acht Niederlagen am Stück. Dennoch sagte auch der neue Trainer Florian Kohfeldt danach: «Wir haben einen Leistungsschritt nach vorne gemacht, der aber noch nicht zum großen Befreiungsschlag gereicht hat.» Es gebe «keinen Grund, zu glauben: Es wird wieder. Wir müssen die Zügel extrem straff halten.»
Genau das hätte für van Bommel ein Moment sein können, um nun beim TV-Sender Bild darzulegen: «Ich war in dieser Saison nicht das einzige Problem des VfL.» Und die Faktenlage hätte ihm sogar recht gegeben. Doch der frühere «Aggressive Leader» des FC Bayern München hielt sich zurück in diesem Moment, genauso wie er auch im Umgang mit seinen Spielern in Wolfsburg sehr häufig nur freundlich und vage geblieben war: «Ich möchte so schnell wie möglich wieder auf dem Platz stehen. Das war leider nicht so lange zuletzt», sagte der 44-Jährige. «Aber ich möchte gerne wieder in die Bundesliga.»
Van Bommels Problem beim VfL war, dass er den erfolgreichen Konterfußball seines Vorgängers Oliver Glasner in ein doch sehr konträres Ballbesitzspiel umwandeln wollte, ohne das hinreichend zu vermitteln. Kohfeldts Problem ist, dass er die vielen Probleme einer zeitweise satten, orientierungslosen und zunehmend auch noch verunsicherten Mannschaft bisher stets benennen und analysieren, aber noch nicht nachhaltig beheben konnte.
Immerhin: Das Spiel gegen die in dieser Saison ähnlich enttäuschende Hertha hätte das Potenzial gehabt, auch seine Position weiter ins Wanken zu bringen. Zumindest die Leistung und das klare Chancenplus gegen die Berliner werteten aber alle in Wolfsburg als Fortschritt.
Kohfeldt spürt Rückendeckung
«Ich spüre im Innenleben ein großes Vertrauen der Mannschaft. Und ich spüre ein extrem großes Vertrauen von Jörg Schmadtke (Geschäftsführer Sport) und Marcel Schäfer (Sportdirektor). Mein Gefühl ist, dass wir von diesem Punkt noch weit entfernt sind», sagte Kohfeldt in der Sendung «Sky90 – die Fußballdebatte» über seine Angst vor einer vorzeitigen Trennung, wie sie van Bommel widerfuhr.
Seit dem Beginn der Wintervorbereitung noch am 29. Dezember sieht der 39-Jährige eine Steigerung bei seinem Team, die sich zwar bislang noch nicht in Ergebnissen äußerte, die den VfL nun aber Schritt für Schritt aus der Krise führen soll. «Wer die letzten Wochen bei uns verfolgt hat, muss ja wahrscheinlich schon fast daran zweifeln, was ich da im Training sehe», sagte Kohfeldt nach dem Hertha-Spiel. «Aber wir hatten in den letzten drei Wochen wirklich ein sehr gutes Training. Und heute hat die Mannschaft gemerkt, dass sich diese Arbeit auszahlt und wir einen Schritt nach vorne machen.»
Am kommenden Sonntag bei RB Leipzig, spätestens danach im nächsten Heimspiel gegen den Tabellenletzten SpVgg Greuther Fürth (6. Februar) braucht es aber auch endlich mal wieder einen Sieg.