Jude Bellingham trifft mit dem BVB auf Bochum. (Urheber/Quelle/Verbreiter: Tom Weller/dpa)

Mit leuchtenden Augen und klar in der Ansprache schwor Edin Terzic seine Stars auf den Endspurt im Titel-Thriller ein – die Vertragsverlängerung von Kapitän Marco Reus soll als zusätzlicher Schub wirken.

«Wir freuen uns darauf, dass es jetzt um die Wurst geht», sagte Borussia Dortmunds Trainer Terzic. «Wir freuen uns darauf, dass es ein intensives Spiel gibt. Und dass wir zeigen können, dass wir bereit sind, die letzten Schritte zu gehen, um am Ende gemeinsam zu feiern.» Mit riesiger Euphorie im Rücken und einem fast schon Bayern-artigen Vertrauen in die eigene Stärke will der BVB im spannendsten Bundesliga-Titelkampf seit einer gefühlten Ewigkeit vorlegen. Als Extra-Motivation im Fernduell gegen schwächelnde Bayern verkündeten die Dortmunder am Donnerstag die Verlängerung des Vertrags von Reus, der sich besonders sehnlich die erste Schale wünscht.

Tabellenführer BVB mit Selbstvertrauen

Ein Sieg im Ruhrgebiets-Derby beim VfL Bochum an diesem Freitag (20.30 Uhr/DAZN) würde den taumelnden FC Bayern noch stärker unter Druck setzen. Der BVB könnte zumindest vorübergehend bis auf vier Punkte enteilen. Jeder bei der Borussia weiß: Die Chance auf die erste Meisterschaft seit elf Jahren ist für den Double-Sieger von damals so groß wie lange nicht. Dortmund ist plötzlich nicht mehr der Jäger, sondern der Gejagte. «Wir gehen mit einer guten Portion Selbstvertrauen in das Duell», sagte Terzic.

Die Meisterschale, eine riesige Party im Stadion und in der Dortmunder Innenstadt – all das ist in dieser so engen Spielzeit vor dem 30. Spieltag einerseits noch sehr weit weg, andererseits in den Köpfen der Spieler aber schon sehr präsent. «Ich bin ganz ehrlich: Wenn ich nur an den Meistertitel denke, bekomme ich Gänsehaut», sagte Jungstar Youssoufa Moukoko bei Sky. «Ich höre jeden Tag überall nur noch: Wer wird deutscher Meister? BVB Borussia!» Der Fangesang ist spätestens seit der Übernahme der Tabellenführung am vergangenen Samstag der große Hit in Dortmund.

Rund um den BVB hat sich eine elektrisierende Stimmung ausgebreitet, die an die Titel-Jahre unter Jürgen Klopp erinnert. Als Erster seit dem Meistertrainer von 2011 und 2012 hat Terzic wieder das Zeug zum Kult-Coach bei der Borussia. Der 40-Jährige lebt den BVB, tritt souverän auf und hat nicht zuletzt durch die starke Moderation schwieriger Phasen in dieser Saison sein Profil geschärft. Die Mannschaft folgt ihm. Auch Rückschläge wie zuletzt das 3:3 in Überzahl in Stuttgart steckt das Team weg. Die Spieler zeigen sich selbstkritisch.

Titel würde Bellingham «die Welt bedeuten»

Super-Talent und Mittelfeldmotor Jude Bellingham sprach mit Bezug zum leichtfertig vergebenen Sieg beim 3:3 in Stuttgart am 28. Spieltag ehrlich von Arroganz. Die Partie habe aber auch etwas Gutes gehabt: «Ich denke, wir haben ein Spiel wie dieses gebraucht», sagte Bellingham.

Rechtzeitig für die finale Saisonphase hat der 19-Jährige nach einer Formdelle zurück zu seiner Stärke gefunden. Beim 4:0 gegen Eintracht Frankfurt glänzte er als Torschütze und Spielgestalter. «Um ehrlich zu sein, würde es alles bedeuten, es würde mir die Welt bedeuten», sagte Bellingham zum möglichen Titelgewinn.

Nicht nur für den Engländer, sondern auch für den langjährigen BVB-Kapitän Reus wäre es die erste deutsche Meisterschaft. Der 33-Jährige verlängerte seinen auslaufenden Vertrag um ein Jahr. «Es gibt für mich nach wie vor nichts Schöneres, als vor den besten Fans der Welt und im schönsten Stadion der Welt Tore zu schießen und gemeinsam Siege zu feiern», sagte Reus.

Neben der aktuellen Tabellensituation spricht auch das machbare Restprogramm nach dem Bochum-Spiel mit Partien gegen Wolfsburg, Mönchengladbach, Augsburg und Mainz für Dortmund. Dreimal tritt der heimstarke BVB an den letzten vier Spieltagen noch in seinem Fußball-Tempel in Dortmund an. Lediglich das Augsburg-Spiel ist auswärts.

Bayern mit ungewohntem Wirbel

Zudem hat der FC Bayern seine Souveränität der vergangenen Meisterjahre verloren – nicht nur auf dem Platz. Trainer-Wechsel, Debatten über Spielerleistungen und Diskussionen um Sportvorstand Hasan Salihamidzic und Vorstandschef Oliver Kahn sorgen für viel Wirbel beim Rekordmeister und binden Kapazitäten. Die in der Vergangenheit so markigen Aussagen Richtung Konkurrenz klingen in diesem Jahr nicht so überzeugend wie in der Vergangenheit.

Die Selbstbewussten sind dieses Jahr die Dortmunder. «Wir sind Borussia Dortmund. Wir sagen jedes Jahr, dass wir um den Titel spielen wollen», sagte Terzic und stellte klar, worauf es ankommt: «Ich möchte nicht jedes Mal darüber reden, deutscher Meister zu werden. Ich möchte daran arbeiten. Ich möchte, dass wir das zeigen.» In Bochum haben er und sein Team die nächste Chance dazu.

Thomas Eßer und Christian Kunz, dpa
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