Ist bereit für seinen EM-Einsatz: Leon Goretzka. (Urheber/Quelle/Verbreiter: Federico Gambarini/dpa)

Bei einem Gruppen-Wettkampf im Training versenkte Leon Goretzka für sein Sieben-Mann-Team regelmäßig die Bälle in der grünen Zieltonne.

Kein Zweifel: Der 26 Jahre alte Bayern-Profi mischt beim Training des Fußball-Nationalteams in Herzogenaurach wieder voll mit. Und am Samstag (18.00 Uhr) könnte der muskulöse Vorarbeiter für Joachim Löw auch genau die Spezialkraft sein, die reinkommt und zum Spiel-Entscheider wird.

«Wird eine gute Option sein»

Ein Kaltstart des so dynamischen Mittelfeldspielers gleich in der Anfangsformation scheint dem Bundestrainer nach einer mehrwöchigen Verletzungspause des Münchners wohl noch zu gewagt. Aber Löw benötigt dringend einen Typen wie Goretzka, über den er bereits direkt nach dem 0:1 gegen Weltmeister Frankreich gesagt hatte: «Ich denke, er wird eine gute Option sein im Spiel.»

Auch Einwechselspieler können wertvoll sein, das predigt Löw seit Wochen. Gegen Frankreich stachen seine Joker nicht, weder Leroy Sané noch Timo Werner oder Kevin Volland, die freilich alle erst spät reinkamen. «Die erste Elf entscheidet in den seltensten Fälle die Spiele. Die Entscheider sind häufig die, die eingewechselt werden», sagte Löw. Die Joker von der Bank firmieren bei ihm seit dem WM-Triumph 2014 unter dem Oberbegriff «Spezialkräfte».

Sechser, Achter, Zehner

Goretzka bringt nicht nur Dynamik mit, sondern besticht durch seine Vielseitigkeit auf allen Mittelfeldpositionen. Sechser, Achter, Zehner – der in München zum Topspieler gereifte Goretzka erledigt überall seinen Job. Goretzka könnte sogar rechts aushelfen, falls Löw doch schon jetzt zu dem Schluss kommen sollte, dass Joshua Kimmich im Zentrum an der Seite von Toni Kroos doch wertvoller fürs Team ist.

Es geht gegen Europameister Portugal ja auch fast schon um alles für die deutsche Mannschaft. Goretzka ist auch der Mittelfeldspieler im 26-Mann-Kader, der durch eine besondere Torgefährlichkeit besticht. 13 Mal traf er in 32 Länderspielen. Er würde auch den eingespielten Bayern-Block auf dem Spielfeld erweitern.

Am Samstag wird es exakt sechs Wochen her sein, dass Goretzkas Turnierteilnahme akut gefährdet war. Beim 6:0 mit dem FC Bayern gegen Borussia Mönchengladbach erlitt er am 8. Mai einen Muskelfaserriss im linken Oberschenkel. Goretzka verpasste nicht nur die letzten Saisonspiele im Verein. Er verpasste auch den Großteil der EM-Vorbereitung. Er fehlte bei den Testspielen gegen Dänemark und Lettland. Und auch bei der Auftaktniederlage gegen Frankreich hatte es trotz vager Hoffnungen nicht für einen Kaderplatz gereicht.

Löw lässt Vorsicht walten

«Leon hatte das Gefühl, dass er noch ein paar Trainingseinheiten braucht, um hundertprozentig frei zu sein», begründete Löw. Er ließ bei Goretzka Vorsicht walten: «Ein völliges Risiko einzugehen, macht keinen Sinn.» Aber nun ist der Muskelmann auf dem Sprung.

Löw ist seit Jahren ein Fan von Goretzka. Er sieht in dem gebürtigen Bochumer einen jener Akteure wie Kimmich, Sané oder auch Serge Gnabry, «die auf dem Weg zu ihrem Zenit» sind, die spätestens bei der Heim-EM 2024 das Team an vorderster Front mitziehen sollen.

Für sein erstes EM-Turnier hat sich Goretzka wochenlang in der Reha gequält. Jetzt will er ran. Zumal das Turnier für das DFB-Team ganz früh in eine vorentscheidende Phase getreten ist. Und es soll für Goretzka nicht vorbei sein, bevor es für ihn selbst begonnen hat.

Von Klaus Bergmann und Arne Richter, dpa
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