Steht bei Hertha BSC vor dem Abgang: Geschäftsführer Carsten Schmidt. (Urheber/Quelle/Verbreiter: David Inderlied/dpa)

Der Abgang des als Reformer geholten Clubchefs Carsten Schmidt sorgt bei Hertha BSC für neue Unruhe und bremst den krisengeschüttelten «Big City Club» in seiner Entwicklung weiter aus.

Der Geschäftsführer wird den Berliner Fußball-Bundesligisten nach nicht einmal einem Jahr wieder verlassen. Wenige Minuten vor dem geplanten Trainingsbeginn am Dienstag hatte der «Tagesspiegel» zuerst darüber berichtet. Rund zwei Stunden später bestätigte der Hauptstadtclub die Personalie in einer offiziellen Mitteilung.

«Unauflösbare private Gründe»

«Es sind ausschließlich unauflösbare private Gründe aufgrund von Krankheit in meinem direkten familiären Umfeld, die mich zu diesem Schritt veranlassten», wurde Schmidt vom Club zitiert. «Die Arbeit für Hertha BSC hat mir zu jeder Zeit große Freude bereitet.»

Und trotzdem kann es für den 58-Jährigen nun nicht weitergehen. Die Aufgabenbereiche übernehmen fortan die beiden Geschäftsführer Fredi Bobic und Ingo Schiller. «Mit Bedauern haben wir dem Wunsch von Herrn Schmidt, seinen Dienstvertrag aufgrund von ausschließlich privaten Gründen umgehend aufzulösen, entgegengenommen», sagte Herthas Vereinspräsident Werner Gegenbauer.

Schmidt hatte sein Amt bei der Hertha erst am 1. Dezember 2020 angetreten. Zuvor war der Manager vier Jahre als Chef des TV-Senders Sky in München tätig. Schmidt war als neuer starker Mann an die Spree gekommen, nahm seine Arbeit an der Seite des damaligen Sportchefs Michael Preetz sowie von Finanzgeschäftsführer Schiller auf. Schmidt stand dabei verantwortlich an der Spitze des Trios. Als CEO war er der Kopf des operativen Geschäfts des Vereins. Nun muss sich die Führung nach turbulenten Monaten schon wieder neu strukturieren.

Windhorst bedauert Weggang «zutiefst»

Investor Lars Windhorst, unter dessen Einfluss das Gebilde um Schmidt entstanden war, bedauerte den unerwarteten Weggang «zutiefst», wie der Unternehmer rasch twitterte: «Er hatte große Pläne, wie ich weiß…» Windhorst und Schmidt telefonierten am Dienstag und zeigten sich «bestürzt darüber, dass vorab wieder Dinge an die Öffentlichkeit gebracht wurden, die vertraulich waren», betonte Windhorst. Nicht zum ersten Mal war der Club von Medienberichten über Interna überrascht worden.

Schmidt sollte eigentlich dafür sorgen, das arg ramponierte Erscheinungsbild der Hauptstädter etwas positiver zu gestalten. Dem Vernehmen nach gab es in den vergangenen Monaten immer mal wieder Widerstände gegen Initiativen des Medienprofis, er konnte angeblich wohl längst nicht so wirken, wie Schmidt sich das gewünscht hätte.

Schon nach einem Kennenlernmonat hatte sich die Lage beim Verein zugespitzt und Schmidt lernte zugleich die Schattenseiten des Geschäfts kennen. Sowohl Trainer Bruno Labbadia als auch Preetz mussten im Januar den Club verlassen. Als Coach übernahm Pal Dardai und hielt Hertha zumindest in der Bundesliga. Als neuen Sportchef warb Schmidt Bobic von Eintracht Frankfurt ab, der sportliche Erfolg lässt allerdings noch auf sich warten. Nach sieben Spielen steht Hertha derzeit nur auf Rang 14 und Trainer Dardai in der Kritik.

Mitspracherecht des Investors begrenzt

Vor allem Windhorst will Resultate sehen, träumt vom Mitmischen an der Bundesligaspitze und dem Erreichen des internationalen Geschäfts. Der Unternehmer hat seit 2019 rund 375 Millionen Euro an den Hauptstadtclub gezahlt und hält dadurch rund zwei Drittel an der Hertha BSC GmbH & Co. KGaA, zu der die Profiabteilung gehört. Sein Mitspracherecht ist allerdings ziemlich begrenzt, die Entscheidungen werden ganz ohne Windhorst in der Club-Führung getroffen.

Erst am Wochenende hatte Windhorst deutlich gemacht, dass er sich mehr Miteinander wünscht. «Ich habe erwartet, dass man mehr als Team konstruktiv und positiv an Projekten und Themen arbeitet, sich austauscht und wirklich mit Freude, Kreativität und Dynamik den Verein entwickelt und auf eine neue Ebene hebt. Dazu ist es bisher nicht so richtig gekommen», hatte Windhorst dem RBB gesagt. Zugleich betonte er erneut, mit den Berlinern in Zukunft unbedingt Erfolg haben zu wollen: «Wir werden in den nächsten Jahren alles tun, dass wir erfolgreich werden. Alles – und damit meine ich wirklich alles.»

Von Thomas Wolfer und Tom Bachmann, dpa
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