Uli Hoeneß beim EM-Vorrundenspiel Portugal gegen Deutschland in München. (Urheber/Quelle/Verbreiter: Federico Gambarini/dpa)

Uli Hoeneß hat in seiner schonungslosen EM-Analyse ein hartes Urteil über Toni Kroos gefällt und dem neuen DFB-«Messias» Hansi Flick Spitzen für dessen Dienstantritt mitgegeben.

«Toni Kroos hat in diesem Fußball nichts mehr verloren», sagte der Ehrenpräsident des FC Bayern München im TV-Talk, in dem er auch über die besondere Herausforderung für Triplecoach Flick beim Nationalteam sprach: «Wenn man der Messias ist, muss man auch Erfolg haben. Der Druck auf ihn ist ungeheuer groß.»

Kritik an der Leistung von Kroos

Ausführlich analysierte Hoeneß im Sport1-«Doppelpass», warum es mit der Taktik des von ihm sehr geschätzten Bundestrainers Joachim Löw und phasenweise «Angsthasenfußball» im Achtelfinale gegen England nicht reichte. Als Schlüsselfigur machte er dabei den 106-maligen Nationalspieler von Real Madrid aus. «Ich mag den Toni Kroos extrem, er hat Weltklasse-Leistungen gebracht, war für den FC Bayern super. Aber seine Art zu spielen ist total vorbei», sagte Hoeneß. Heute spiele man «vertikal» und «volle Pulle nach vorne» – und nicht die vielen Querpässe à la Kroos.

Der 31-Jährige, der drei Tage nach dem EM-Aus zurückgetreten war, reagierte noch während des Klartext-Auftritts seines früheren Chefs beim FC Bayern via Twitter bissig. «Uli Hoeneß ist ein Mann mit großem Fußballsachverstand (auch wenn es für RTL nicht gereicht hat), wenig Interesse für Polemik und mit sich komplett im Reinen. Ähnlich wie sein Greenkeeper», stichelte Kroos zurück.

Hoeneß hatte vor fast zwei Jahrzehnten, den legendären Satz gesprochen, dass Lothar Matthäus nicht einmal Greenkeeper beim FC Bayern werden würde. Jetzt folgt Matthäus auf Hoeneß als TV-Experte bei RTL. Hoeneß hatte bei drei Länderspielen für den Sender gearbeitet, aber auf eine Fortsetzung verzichtet.

So schnell wie Kroos reagierte Flick nicht. Hoeneß erinnerte am Sonntag an die Erfolge des Sieben-Titel-Trainers, aber eben auch an den Ärger in dieser erfolgreichsten Zeit der Vereinshistorie. «Das hat er mitverursacht, da war ich ihm auch ziemlich böse», grantelte Hoeneß. Flick und Sportvorstand Hasan Salihamidzic verfolgten nicht denselben Kurs in der Personalstrategie.

«Hansi Flick wollte ganz kurzfristig Erfolg, darauf hat er gnadenlos hingearbeitet. Das ist ihm prima gelungen», sagte Hoeneß. Der Coach habe sich nur für das Sportliche interessiert, nicht für die wirtschaftliche Seite. «Deswegen ist er eigentlich ein idealer Bundestrainer.» Dort geht’s schließlich nicht um Ablösesummen.

Nach dem Scheitern von Löw, den er wie Kroos sehr schätze, ist der Start für den erfolgreichen Flick nach Ansicht von Hoeneß nicht schwer. «Jetzt hat er es ja relativ leicht, weil er kaum Widerstand kriegen wird. Er ist halt der Messias», sagte der 69-Jährige.

Persönlichkeiten als DFB-Beratergremium

Die taktischen Anpassungen von Löw seien «total in die Hose gegangen», betonte Hoeneß. Er plädierte unter anderem für eine Viererkette und Joshua Kimmich zusammen mit Leon Goretzka im Zentrum. Hätte man die Bayern-Taktik aus der Triple-Saison gespielt, «dann bin ich 100 Prozent sicher, dass wir jetzt anders dastehen würden».

Bei der bevorstehenden Neuaufstellung des Deutschen Fußball-Bundes hat sich Hoeneß als Teil eines Beratergremiums ins Gespräch gebracht. Wenn vernünftige Leute auf ihn, den ehemaligen Bayern-Boss Karl-Heinz Rummenigge oder auch Rudi Völler zukämen, «können wir uns dem doch kaum verschließen», sagte der 69-Jährige. Zugleich wiederholte er, nicht als DFB-Präsident zu Verfügung zu stehen. «Da springt mir meine Frau ins Kreuz», meinte er.

Von Christian Kunz und Martin Kloth, dpa
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