Uli Hoeneß findet die Diskussionen über seinen öffentlichen Disput mit dem ehemaligen DFL-Geschäftsführer Andreas Rettig in Bezug auf WM-Gastgeber Katar gut.
«Das ist doch genau das, was wir brauchen. Dank des Fußballs ist der Fokus auf Katar gerichtet, das bringt Veränderungen», sagte der Ehrenpräsident des deutschen Fußball-Rekordmeisters FC Bayern München der «Bild»-Zeitung und betonte erneut: «Ich habe dort selbst vernünftige Gespräche mit Verantwortlichen geführt.»
Hoeneß hatte sich während der Diskussion um die umstrittene Menschenrechtslage in dem Emirat beim «Doppelpass» von Sport1 spontan telefonisch durchstellen lassen und Rettig, der die WM am liebsten zum «größten PR-Desaster» werden lassen will, als «König der Scheinheiligen» bezeichnet. «Die WM und das Engagement des FC Bayern und andere Sportaktivitäten in der Golfregion werden dazu führen, dass die Arbeitsbedingungen für die Arbeiter dort besser werden und nicht schlechter. Das sollte man endlich mal akzeptieren und nicht ständig auf die Leute draufhauen», polterte Hoeneß.
Hoeneß glaubt an den Sport
Er glaube «natürlich», dass der Sport die Menschenrechtslage verbessern könne, dafür gab der 70-Jährige auch ein Beispiel: «Die Frauen-Mannschaft des FC Bayern hat vor einigen Jahren als erstes Frauen-Team in Katar mit kurzen Hosen gespielt. Das war eine Sensation und ein Durchbruch für den Frauenfußball.»
Seine Entscheidung, ob er zur WM reist oder nicht, macht Hoeneß von sportlichen Dingen abhängig. Wenn er nach der Vorrunde das Gefühl habe, «bei unserer Nationalmannschaft läuft es gut, da steckt was drin – dann fliege ich hin».
Hoeneß sei seit Jahren verbunden mit dem Herrscherhaus in Katar, hatte sich Rettig in der TV-Sendung geäußert: «Das überrascht mich nicht, dass Sie so argumentieren, Herr Hoeneß, als Botschafter von Katar.» Katars Sportswashing, durch das Investieren in Sport das Image aufzubessern, habe Wirkung gezeigt, meinte der frühere Geschäftsführer der Deutschen Fußball Liga.
Rettig: «Ich war noch nie ein Warmduscher»
Rettig hat auf den Polterauftritt von Uli Hoeneß reagiert. «Das passiert, wenn ein Katar-Lobbyist auf einen Überzeugungstäter in Sachen Menschenrechte trifft», sagte Rettig im Interview von «Spox» und «Goal». Hinter dem Anruf von Hoeneß in der Fernsehsendung vermutete Rettig «Langeweile». Der frühere DFL-Funktionär bezweifelt, dass die WM und das Engagement des FC Bayern in der Golfregion zu besseren Arbeitsbedingungen führen werden: «Wandel durch Handel hat schon an anderer Stelle nicht zum Erfolg geführt.»
Auch die Tatsache, dass Deutschland in Katar Gas kaufen könnte, verfing bei Rettig nicht: «Man kann ein strategisch eingesetztes Sportswashing eines autokratisch geführten Staates ohne Presse- und Meinungsfreiheit und massiven Menschenrechtsverletzungen, der sich zudem durch die Ausrichtung einer WM einen persönlichen Imagetransfer verspricht, nicht mit einer unverschuldet in Energienot geratenen Volkswirtschaft und deren Bekämpfen aufrechnen.»
Dass er bei einem Ausbleiben von Gaslieferungen aus dem Wüstenemirat im Winter vielleicht nur noch kalt duschen könne, störte Rettig ebenfalls nicht: «Ich war noch nie ein Warmduscher.»