Liverpools Trainer Jürgen Klopp (l) und Spieler Kostas Tsimikas feiern den Sieg gegen Villarreal. (Urheber/Quelle/Verbreiter: Alberto Saiz/AP/dpa)

Bis auf den Gästeblock war das Estadio de la Cerámica schon fast leer, als Jürgen Klopp strahlend aus dem Spielertunnel zu den mitgereisten euphorischen Fans lief.

Nach dem spektakulären 3:2 seines FC Liverpool beim FC Villarreal reckte er unter dem Jubel der Anhänger dreimal die geballte Faust in die Höhe. Dank des Einzugs ins Champions-League-Finale dürfen Klopp und seine Reds weiter von vier Titeln in einer Saison träumen. Nur sechs Spiele – und die Hoffnung auf einen Ausrutscher von Manchester City – trennen Liverpool von einem historischen Triumph.

Klopp wollte nach dem kräftezehrenden Spiel in Spanien aber nichts davon hören. «Das ist einfach Quatsch mit diesem Quadruple-Mist», sagte der Erfolgstrainer nach dem Halbfinal-Rückspiel bei Amazon Prime Video und richtete den Blick aufs kommende Premier-League-Wochenende. «Wir spielen jetzt gegen Tottenham, und wir müssen gewinnen, und das ist die wohl beste Kontermannschaft im Weltfußball im Moment.»

Einmalige Chance

Von jetzt an muss Liverpool jedes Spiel gewinnen, um die einmalige Chance zu nutzen. Keine englische Mannschaft zuvor hat es geschafft, in alle drei Endspiele – im Ligapokal, den die Reds schon gewonnen haben, im FA Cup und in der Königsklasse – einzuziehen. «Es ist wirklich schwierig, drei Finals zu erreichen», sagte Klopp, «das ist wahrscheinlich der Grund, warum es vorher niemand geschafft hat».

Schon jetzt ist es ein großer Erfolg für den FIFA-Welttrainer der Jahre 2019 und 2020, der seinen Vertrag in Anfield gerade bis 2026 verlängert hat. Doch es gibt eine Kehrseite: Die Erwartungen an die Reds sind enorm, und damit auch der Erfolgsdruck und die Belastung für seine Spieler. Wohl ein Luxusproblem. Klopp dämpfte vorsorglich die Erwartungen. «Wir werden es versuchen, definitiv», versicherte der 54-Jährige, «aber ich hätte Ihnen schon sagen können, dass es schwer wird, ohne zu wissen, dass es noch niemand geschafft hat, denn es ist wirklich hart».

Zwischenzeitlich lief Liverpool bei Villarreal sogar Gefahr, das Endspiel noch zu verpassen. In der ersten Halbzeit verspielte die Klopp-Elf ihren 2:0-Vorsprung aus dem Hinspiel. Seine Mannschaft habe «elf Probleme» gehabt, sagte Klopp, der seine «Mentalitätsmonster» vermisste. «Ich wollte, dass wir vom ersten Moment an nicht so spielen, als würden wir das Ergebnis verteidigen, sondern auf Sieg spielen», sagte er. «Davon habe ich nichts gesehen.»

Wichtige Halbzeitpause

Doch er fand offenbar die richtigen Worte in der Kabine. Nach der Pause drehten Fabinho (62. Minute), der eingewechselte Luis Díaz (67.) und schließlich Sadio Mané (74.) die Partie und ebneten Liverpool den Weg zum Finale in Paris. «So zurückzukommen, wie wir in der zweiten Hälfte zurückgekommen sind, das war wirklich etwas Besonderes», schwärmte Klopp. «Es fühlt sich besonders an, weil es so schwer für uns war. Aber am Ende verdienen wir es auch, und das ist wirklich cool.»

Damit spielt Liverpool in dieser Saison die maximale Anzahl an Pflichtspielen. Sechs stehen noch aus. Nach dem Premier-League-Match gegen Tottenham Hotspur am Samstag geht es schon am Dienstag zu Aston Villa. Vier Tage später steigt im Wembley-Stadion das FA-Cup-Finale gegen Thomas Tuchels FC Chelsea. «Sollten wir das gewinnen, können wir gar nicht feiern», sagte Klopp, «weil wir am Dienstag schon wieder spielen.» Auswärts geht es gegen den FC Southampton.

Historische Saison

Das letzte Liga-Spiel steigt am 22. Mai zuhause in Anfield gegen die Wolverhampton Wanderers. Nur wenn Tabellenführer und Titelverteidiger Manchester City bis dahin nicht alle Spiele gewinnt, kann Liverpool, das einen Punkt weniger hat als City, Meister werden. Vorausgesetzt natürlich, die Reds gewinnen selbst all ihre verbleibenden Spiele.

Dann könnte Klopp mit Liverpool am 28. Mai in Paris eine schon jetzt beeindruckende und historische Fußball-Saison krönen. Dann wäre es kein Quatsch mehr «mit diesem Quadrupel-Mist», sondern der größte Triumph in der Geschichte des englischen Vereinsfußballs.

Die deutschen Trainer in Champions-League-Finals:

Jahr Trainer Team Ergebnis
1997 Ottmar Hitzfeld Borussia Dortmund 3:1 gegen Juventus Turin
1998 Jupp Heynckes Real Madrid 1:0 gegen Juventus Turin
1999 Ottmar Hitzfeld Bayern München 1:2 gegen Manchester United
2001 Ottmar Hitzfeld Bayern München 5:4 i.E. gegen FC Valencia
2002 Klaus Toppmöller Bayer Leverkusen 1:2 gegen Real Madrid
2012 Jupp Heynckes Bayern München 3:4 i.E. gegen FC Chelsea
2013 Jupp Heynckes Bayern München 2:1 gegen Borussia Dortmund
2013 Jürgen Klopp Borussia Dortmund 1:2 gegen Bayern München
2018 Jürgen Klopp FC Liverpool 1:3 gegen Real Madrid
2019 Jürgen Klopp FC Liverpool 2:0 gegen Tottenham Hotspur
2020 Hansi Flick Bayern München 1:0 gegen Paris Saint-Germain
2020 Thomas Tuchel Paris Saint-Germain 0:1 gegen Bayern München
2021 Thomas Tuchel FC Chelsea 1:0 gegen Manchester City
2022 Jürgen Klopp FC Liverpool Gegner am 28. Mai ist entweder Real Madrid oder Manchester City
Von Philip Dethlefs, dpa
Folge uns

Von