Kölns Spieler feiern vor ihren Fans den Sieg gegen Aufsteiger Fürth. (Urheber/Quelle/Verbreiter: Marius Becker/dpa)

Die überschäumende Freude der Fans des 1. FC Köln kannte nach einem Fußball-Fest und wiedergewonnenen Freiheiten keine Grenzen.

Vor allem die Fantasie und der Humor der kölschen Jecken unter den 40.000 Menschen im WM-Stadion von 2006 trieb in den Feierlichkeiten die gewohnt besonderen Blüten. «Bundeskanzler Steffen Baumgart», hallte es beim 3:1 (0:1) des ersten Bundesliga-Meisters gegen Aufsteiger SpVgg Greuther Fürth durch das Stadion.

«Trendsetter» Baumgart

Der uneitle neue Regierungschef beim FC quittierte diese weitere Erhöhung seiner Person gewohnt trocken. «Jetzt kommen wir alle mal wieder runter», sagte der 49-Jährige, der vor kurzem mit der Bezeichnung «Trendsetter» wegen seiner Liebe zu Schiebermützen schon nicht viel hatte anfangen können. Dass der Spaß generell und insbesondere im verrückten Köln aber an Baumgart nicht vorbeigeht, ist auch bekannt. Der des Ex-Profis erscheint nur realitätsnäher.

Mutterwitz, Humor oder die hinlänglich bekannte Leidenschaft des neuen Trainers spielen bei der erstaunlichen Metamorphose des 1. FC Köln vom Abstiegskandidaten zum Europacup-Aspiranten neben den Basiskriterien wie Fußball-Wissen und Trainingslehre keine unwesentliche Rolle. «Der Teamspirit und natürlich der neue Coach treiben uns an. Wir arbeiten zusammen», sagte etwa der Tunesier Ellyes Skhiri, mit den Toren zum 2:1 und 3:1 (55. und 89. Minute) der Matchwinner. Köln, das im Sommer gerade noch in der Relegation die Klasse gehalten hatte, ist nach sieben Spielen mit zwölf Punkten auf Kurs internationales Geschäft.

Die Mannschaft «macht gute Arbeit», entspreche seinen Vorstellungen, «ergebnisunabhängig» zu spielen, und habe sich auch in «schwierigen Phasen wieder hereingearbeitet», sagte Baumgart zu dem Spiel, zu dem unter der neuen Corona-Verordnung 40.000 Fans in der 50.000 Zuschauer fassenden Arena zugelassen waren. Die Gastgeber wurden vom noch sieglosen Aufsteiger in der ersten Halbzeit phasenweise rotzfrech vorgeführt. Besonders das frühe 1:0 durch Marco Meyerhöfer (7.) tat in der Entstehung weh. Ein Einwurf, drei schnelle Pässe – und schon stand Meyerhöfer allein vor Timo Horn und tunnelte den Kölner Keeper auch noch.

Aber Baumgarts Team steckte diesen Hieb und auch den doppelten Pfostentreffer von Jeremy Dudziak (32.) Minute weg. In der zweiten Hälfte erhöhte Köln nochmal den Druck und agierte zielstrebiger. Der Lohn war das schnelle 1:1 durch Sebastian Andersson und die Tore durch Skhiri. Wie man in Köln hört, sollen vor allem Baumgarts didaktische Fähigkeiten herausragen – also die Vermittlung der Trainingsinhalte.

Davon haben offensichtlich der lange verletzte Andersson und auch Skhiri bislang profitiert. «Er läuft sehr viel», sagte Baumgart am Beispiel Skhiri und mit Blick auf dessen über zwölf Kilometer gegen Greuther Fürth, findet aber auch in dieser Hinsicht beim Tunesier Nachbesserungsbedarf: «Manchmal aber läuft er zu viel – und auch nicht richtig.»

FC auf einem guten Weg

Wertvolle Informationen für einen Profi, um besser zu werden. Vor allem, wenn diese leidenschaftlich, authentisch und zuweilen an der passenden Stelle auch mit einem Augenzwinkern vermittelt werden. Baumgart sieht den 1. FC Köln auf einem «sehr, sehr guten Weg», der aber «noch nicht zuende» sei. So sind gegenwärtig für Baumgart alle Hirngespinste obsolet: «Das Kanzleramt muss noch ein bisschen warten.»

Von Ulf Zimmermann dpa
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