Rund zehn Minuten lang fühlte sich der Hamburger SV endlich wieder als Fußball-Bundesligist, doch am Ende eines dramatischen Aufstiegs-Krimis feierte der 1. FC Heidenheim den erstmaligen Sprung in die Fußball-Bundesliga.
Es kamen Erinnerungen an die Schalker Vier-Minuten-Meisterschaft vor 22 Jahren hoch, als die jubelnden Fans des HSV auf dem Platz in Sandhausen von der unglaublichen Wende im Parallelspiel erfuhren.
Durch ein Eigentor, einen umstrittenen Strafstoß und einen Treffer in der neunten Minute der Nachspielzeit gewann das Team von Trainer Frank Schmidt nach 0:2-Rückstand mit 3:2 bei Jahn Regensburg. Das 1:0 des HSV war letztlich wertlos. Jetzt gebe es den «totalen Abriss», sagte Heidenheims Stürmer Tim Kleindienst, der mit seinem 25. Saisontor den entscheidenden Treffer erzielte und Torschützenkönig wurde. «Da gibt’s keine Worte dafür», sagte Kleindienst bei Sky: «Darum lieben wir den Fußball, darum lieben wir den Sport. Weil solche Geschichten geschrieben werden. Das ist einfach geil, Wahnsinn, geisteskrank. Das war einfach der pure Glaube. Aber wir haben es einfach verdient.»
Sandhausen gratuliert, HSV stürmt
Sandhausens Stadionsprecher, der dem HSV bereits zum Aufstieg gratuliert hatte, reichte HSV-Sportvorstand Jonas Boldt das Mikrofon und der richtete einen Appell an die enttäuschten Fans auf dem Rasen. «Das ist bitter gelaufen heute», sagte Boldt: «Leider gehört das zum Sport dazu. Bündelt alle Kräfte. Das Ding ist noch nicht zu Ende. Wenn wir das alles noch mal in die Waagschale legen nächste Woche, dann ziehen wir das halt mit einer Extra-Runde durch.»
Später entschuldigte sich Sandhausen für die falsche Stadion-Durchsage. Der Stadionsprecher sei nach einem Zuruf fälschlicherweise davon ausgegangen, dass der HSV aufgestiegen sei, teilte der Absteiger mit. «Der SV Sandhausen ist sich des Risikos und der Tragweite solcher Durchsagen bewusst und entschuldigt sich deshalb an dieser Stelle beim Hamburger SV und den Fans im Stadion für die fehlerhafte Durchsage», schrieb der Club.
In der Relegation trifft der HSV auf den VfB Stuttgart. Heidenheim entriss Darmstadt, das 0:4 (0:0) bei der SpVgg Greuther Fürth verlor, sogar noch die Meisterschaft. In die Abstiegs-Relegation gegen den SV Wehen Wiesbaden muss nach dem 0:4 (0:2) beim 1. FC Magdeburg Arminia Bielefeld, das damit weiter den direkten Absturz von der ersten in die dritte Liga befürchten muss. Der 1. FC Nürnberg, der zum Abschluss 1:0 (1:0) beim SC Paderborn gewann, und Eintracht Braunschweig trotz des 1:2 (0:0) bei Hansa Rostock sicherten sich den Klassenerhalt und können aufatmen.
Schmidt-Statue bleibt wohl aus
In Regensburg reagierte Trainer Schmidt, seit 2007 Coach in Heidenheim, lachend auf den Hinweis, dass Geschäftsführer Holger Samwald ihm im Falle des Aufstiegs ein Denkmal in Aussicht gestellt hatte. «Da wird irgendwann mal hingepinkelt, und das möchte ich nicht», sagte er. Bei der Feierlichkeit seien ihm «ein paar Rippen eingedrückt» worden, «das nehme ich aber in Kauf. Wir haben das mehr als verdient. Solange wie der Schiedsrichter nicht abpfeift, machen wir einfach weiter. Es war beeindruckend, wie wir bis zum Schluss für diesen Traum gekämpft haben».
Er erfüllte sich. Und Hamburgs Coach Tim Walter zeigte sich schnell kämpferisch. «Einfach kann ja jeder», sagte er: «Wir haben unsere Hausaufgaben gemacht. Am Ende haben die anderen sie auch gemacht. Glückwunsch an Heidenheim. Wir schütteln uns und dann werden wir wieder aufstehen und wieder angreifen.» Dass Stuttgart sein Ex-Verein ist, sei ihm «scheißegal», er glaube nach dem Scheitern in der Relegation an Hertha BSC im Vorjahr diesmal an den Aufstieg: «Wir haben letztes Jahr die Chance gehabt und dieses Jahr werden wir unsere Chance nutzen. Weil die Mannschaft einen guten Charakter hat».
Ebenfalls berappeln müssen sich die Bielefelder vor ihrer Relegation nach der herben Klatsche in Magdeburg. «Ich habe mit vielem gerechnet, aber damit nicht. Ich bin total leer», sagte Routinier Fabian Klos. «Das ist fußballerisch einer der bittersten Tage meiner Karriere, das muss ich erstmal verdauen.»