Seine erste Begegnung mit Xabi Alonso in Leipzig hat Marco Rose nicht vergessen. Der Spanier war gerade einmal dreieinhalb Wochen Trainer von Bayer Leverkusen und gerade das fünfte Mal nacheinander sieglos geblieben. Es folgten kritische Fragen und Gedankenspiele, ob der auf der Trainerbank nur wenig erfahrene Ex-Profi denn der Richtige für den Job sei. «Da habe ich ein Wörtchen für ihn eingelegt, weil er ein toller Typ ist», sagte Rose. «Und schwuppdiwupp, ein paar Monate später reden wir über einen Trainer, der Real Madrid trainieren kann.»
Am Samstag (18.30 Uhr/Sky) wird einiges anders sein als an jenem Tag im Oktober 2022. Bayer ist unter Alonso so geradlinig auf Kurs Meisterschaft wie noch nie und als einziges Team noch ungeschlagen. Allerdings fehlen in der kompletten Innenverteidigung und dem verletzten Stürmer Victor Boniface drei wichtige Säulen. RB Leipzig ist hingegen ein wenig auf der Suche nach sich selbst, sinniert nach zwei Spielen ohne Sieg über fehlende Effizienz vor dem Tor.
Gewinnertyp Alonso
Insofern wird das Top-Spiel der Fußball-Bundesliga eine doppelte Reifeprüfung. Wie stark ist Leverkusen wirklich? Und: Ist Leipzig nach dem Umbruch im Sommer tatsächlich schon wieder ein Meisterkandidat? Bei aktuell zwölf Punkten Rückstand ist es für die Sachsen so etwas wie die letzte Chance, noch in das Rennen um die Schale einzugreifen.
In Bezug auf Bayer hat Rose wenig Zweifel. Was vor allem an Alonso liegt. «Er ist ein Gewinnertyp und gibt das an seine Mannschaft weiter. Dazu hat er noch eine coole Idee, Fußball spielen zu lassen», sagte der 47-Jährige.
Da sich die Ideen von Rose und Alonso grundsätzlich gar nicht so fern sind, ist im Spitzenspiel taktische Raffinesse gefragt. «Wir haben einige Szenarios vorbereitet und wissen, was wir tun wollen», sagte Alonso. Die Szenarien ahnt Rose bereits, was die Sache dennoch nicht einfacher gestaltet: «Man weiß, was von Bayer kommt. Aber sie spielen es auf einem so hohen Niveau, dass es nicht leicht ist.»
Roses Gegengift zum Alonso-Fußball kommt aus dessen Heimat. Dani Olmo ist mal wieder fit und sollte am Samstagabend in der Startelf stehen. «Er ist ein außergewöhnlicher Spieler mit außergewöhnlichen Fähigkeiten. Er kann Spiele allein entscheiden», schwärmte Rose. Einen wie Olmo finde man selten. Nicht nur in der Bundesliga, sondern in ganz Europa.
Viel Aufwand, kaum Ertrag
Stünde dem begnadeten Techniker nicht sein Verletzungspech im Weg, wäre er wohl schon längst einer der prägenden Spieler der Liga. Nun soll er Leipzig erst einmal vor einer kleinen Ergebniskrise bewahren. Eigentlich wähnte RB sich bei den Sachsen nach dem großen Umbruch im Sommer schon wieder auf Top-Niveau, die Neuzugänge Lois Openda und Xavi Simons trugen das Team. Doch nun droht gegen Leverkusen das dritte Spiel nacheinander ohne Sieg – das gab es unter Rose noch nie.
In der Kritik steht der Coach noch lange nicht. Die Gnadenlosigkeit des Geschäfts ist ihm aber bewusst. «Da steht am Ende das Ergebnis. Fertig aus. Das ist entweder gut oder schlecht», sagte Rose. Zuletzt war es einfach nur nervig, weil auch beim 0:1 gegen Frankfurt zahlreiche Torchancen nicht genutzt wurden. 26 Torschüsse gab Leipzig ab. Ertrag? Null.
«Wir müssen die Situation annehmen. Natürlich werden wir an Ergebnissen gemessen und bewertet», sagte Rose. «Wir wollen unsere vielen Torchancen endlich mal wieder nutzen.» Ausgerechnet gegen Leverkusen möchte man meinen. Die Werkself hat mit nur zwölf Gegentoren die beste Abwehr der Liga.