Auf dem Münchner Nockherberg ließ sich Robert Lewandowski noch einmal ordentlich in einer Lederhose feiern. Mit «Lewy, Lewy»-Sprechchören bejubelten die Fans in dem Biergarten ihren Torschützenkönig bei der nächsten Meistersause der Bayern.
Es könnten Lewandowskis letzte Partytage in München gewesen sein, der Weltfußballer macht nun auch öffentlich Druck für einen schnellen Abschied vom Rekordchampion. «Wenn ein Angebot kommt, dann müssen wir darüber nachdenken – auch für den Verein. Beide Seiten müssen an die Zukunft denken», hatte der 33-Jährige nach dem 2:2 im letzten Bundesliga-Saisonspiel beim VfL Wolfsburg gesagt.
Danach war Lewandowski ganz allein auf die Tribüne mit den Bayern-Fans zugelaufen. Überraschend lange blieb er dort – fast, als wollte er die Situation genießen, weil es sie demnächst in der Bundesliga womöglich nicht mehr geben wird. «Gut möglich, dass es mein letztes Spiel für den FC Bayern war. Ich kann es nicht hundertprozentig sagen, aber es könnte sein», sagte der Pole.
Bayern-Boss pocht auf Vertrag und deutet Optionen an
Bayern-Präsident Herbert Hainer pocht unverändert auf eine Vertragserfüllung von Lewandowski. «Er hat bei uns Vertrag bis zum 30. Juni 2023. Und solange wird er spielen bei uns», sagte Hainer im Fußball-Talk «Doppelpass» des Fernsehsenders Sport1.
Der 67-Jährige schloss einen Lewandowski-Abschied in diesem Sommer aber nicht kategorisch aus. «Es kann ja sein, dass sich beide Seiten darauf einigen», sagte der Nachfolger von Uli Hoeneß. Beide Seiten müssten «damit einverstanden» sein, betonte Hainer. Er verwies aber ausdrücklich auf die Planungen des Vereins. Die Bayern müssten eine Nachfolgerlösung realisieren. «Es gibt keinen Ersatz für so einen Weltklassespieler wie Robert Lewandowski», sagte Hainer dazu.
Der Präsident des deutschen Meisters klärte zudem auf, dass Vorstandschef Oliver Kahn und Sportvorstand Hasan Salihamidzic im Gespräch mit Lewandowskis Berater Pini Zahavi ein Angebot für eine Vertragsverlängerung gemacht hätten. «Und das ist anscheinend nicht angenommen worden», sagte Hainer. Wegen widersprüchlicher Äußerungen von Lewandowski erläuterte Hainer, dass dabei ein schriftlicher Vertrag erst dann ausgearbeitet und vorgelegt werde, wenn mündlich zwischen den Vertragspartnern alles ausverhandelt worden sei.
Ein zerrüttetes Verhältnis sieht Hainer «auf keinen Fall». Er verwies auch erneut auf die hohen Einbußen des FC Bayern in der Corona-Pandemie, die er mit «150 bis 200 Millionen Euro an Einnahmen» bezifferte. «Trotzdem werden wir den Kader weiter ausbauen und so verstärken, dass wir auch international top spielen können», versicherte der Vereinspräsident.
Mitspieler wünscht sich Verbleib
Trainer Julian Nagelsmann blieb wie in den Wochen zuvor zwar abgeklärt, doch bezeichnete er einen möglicherweise früher als geplant bevorstehenden Abgang als «Verlust». Der Coach verwies auf den laufenden Vertrag des Offensivmanns bis 2023 und blickte voraus: «Da ist wenig Raum für Trauer. Man muss aus der Situation versuchen, das Beste zu machen», meinte Nagelsmann.
Mitspieler Thomas Müller wünschte sich eine Vertragserfüllung von Lewandowski. Der 32-Jährige verwies am Rande der Veranstaltung auf dem Nockherberg aber auf die Gesetzmäßigkeiten des Fußballgeschäfts: «Mal sehen, was passiert», bemerkte Müller: «Es ist so, er hat bis 2023 Vertrag. Das heißt, die Zügel, die hat schon der FC Bayern in der Hand. Wir wären natürlich dafür, dass er dann auch bleibt. Aber klar, wir kennen alle das Geschäft.»
Bayern-Spitze will Wechsel vermeiden
Vor der Meisterfeier auf dem Münchener Rathausbalkon dürfte die Lewandowski-Personalie vielen Anhängern des Clubs schwer im Magen liegen. Vielleicht auch deshalb bekam Sportvorstand Salihamidzic am Samstagabend beim kleinen Meisterempfang den Frust einzelner Fans ab, die ihn laut «Bild» ausbuhten.
Die Bayern-Spitze scheint sich weiter gegen einen vorzeitigen Transfer von Lewandowski zu stemmen, hatte den Wechselwunsch des Weltfußballers aber vor dem Wolfsburg-Spiel öffentlich gemacht. «Ich habe mit Lewa gesprochen», sagte Salihamidzic. Der habe ihm gesagt, «dass er gerne was anderes machen möchte», ergänzte Salihamidzic. Später ließ Lewandowski bei Sky anklingen, dass er selbst gar nicht erst ein Angebot der Münchner bekommen wollte.
Einen vorzeitigen Wechsel des Topstürmers schon in diesem Sommer schloss Salihamidzic erneut aus. Spekuliert wird, dass Lewandowski zum FC Barcelona möchte. Verhandlungen zwischen den Clubs bestritt Salihamidzic. «Lewa hat Vertrag bis zum Sommer nächsten Jahres. Das ist Fakt», betonte er. Auf die Frage, was passieren müsse, damit er seine Haltung ändere, sagte der Bosnier: «Damit beschäftige ich mich nicht, weil unsere Haltung immer klar war.»
Berater und der FC Barcelona angeblich einig
Lewandowskis Berater und der FC Barcelona sind sich einem Bericht von Sport1 zufolge mündlich über einen Wechsel des Stürmers im Sommer einig. Barça warte nun auf einen Hinweis der Bayern über die Höhe der Ablösesumme, berichtete der TV-Sender. Noch sei keine konkrete Abmachung zwischen den Clubs erzielt. Zwischen Lewandowskis Agenten Pini Zahavi und Barcelona sei ein Dreijahresvertrag avisiert worden.
Sadio Mané, der am Samstag mit dem FC Liverpool den FA-Cup gewann, soll ein aussichtsreicher Kandidat auf die Lewandowski-Nachfolge sein. Sky zufolge hat Salihamidzic bereits auf Mallorca mit dem Berater des Senegalesen gesprochen. Auch Sasa Kalajdzic vom VfB Stuttgart soll in den Fokus der Münchener gerückt sein. Der Vertrag des 24-Jährigen bei den Schwaben läuft in einem Jahr aus.
Dass Lewandowski nun zum fünften Mal nacheinander Torschützenkönig wurde und zum siebten Mal insgesamt die Torjäger-Kanone einheimste, rückte bei den ganzen Wechseldiskussionen etwas in den Hintergrund. Die Auszeichnung – diese Saison erzielte er 35 Treffer – holte er mit großem Vorsprung auf den Leverkusener Patrik Schick. In der vergangenen Saison hatte der Pole mit 41 Torerfolgen einen Rekord aufgestellt. Lewandowskis Torjäger-Regentschaft in Deutschland durchbrach zuletzt der mittlerweile für den FC Barcelona stürmende Pierre-Emerick Aubameyang für Borussia Dortmund 2016/17. Möglicherweise könnte der polnische Nationalspieler in Barcelona Seite an Seite mit Aubameyang spielen.