Leverkusen krönte die erfolgreichste Saison der Vereinsgeschichte mit dem Gewinn des DFB-Pokals. (Urheber/Quelle/Verbreiter: Sebastian Christoph Gollnow/dpa)

Double-Trainer Xabi Alonso herzte jeden aus seinem Team, die Spieler hüpften vor den jubelnden Fans und auf der Tribüne applaudierte die sichtlich ergriffene Bayer-Ikone Rudi Völler.

Der deutsche Fußball-Meister aus Leverkusen hat den DFB-Pokal gewonnen und die erfolgreichste Saison in der Vereinsgeschichte mit dem Double gekrönt. «Ich bin stolz und ich bin glücklich für die Spieler», sagte Trainer Alonso. «Es ist total verdient», betonte der Spanier und kündigte an: «Heute Abend trinke ich deutsches Bier.»

Drei Tage nach dem 0:3 im Finale der Europa League gegen Atalanta Bergamo und der somit einzigen Niederlage der Werkself in dieser Spielzeit machte es Zweitligist 1. FC Kaiserslautern dem Bayer-Team aber nicht leicht. Odilon Kossounou sah zudem in der 44. Minute die Gelb-Rote Karte. «Wir wollten es unbedingt gewinnen», sagte Bayers Sport-Geschäftsführer Simon Rolfes: «Fantastisch, fantastisch.»

Ein Traumtor bringt den Sieg

Um 22.21 Uhr reckte Kapitän und Torwart Lukas Hradecky im Konfettiregen den goldenen Pokal in den Berliner Nachthimmel. Granit Xhaka hatte mit einem Traumtor in der 16. Minute für die Entscheidung gegen die tapferen Pfälzer von Trainer-Legende Friedhelm Funkel vor 74.322 Zuschauern im ausverkauften Olympiastadion gesorgt. «Dieser Moment, den Pokal hochzuhalten, ist einfach sehr schön», sagte Leverkusens Nationalspieler Robert Andrich: «Ein sehr, sehr geiles Gefühl.»

Für Bayer ist es der zweite Pokal-Triumph nach 1993. Im insgesamt 81. Cup-Endspiel verpasste Kaiserslautern vor den Augen von Bundestrainer Julian Nagelsmann die erhoffte Sensation. Der Zweitligist aus der Pfalz war nach Aussage Funkels als «krassester Außenseiter» in der Geschichte in das Endspiel gegangen. Der 70-Jährige erlebte nach dem erfolgreichen Abstiegskampf mit Lautern sein insgesamt fünftes Pokalfinale. Zu seinem Abschied vom FCK blieb ihm auch im dritten Anlauf als Trainer der Griff nach der Trophäe verwehrt. «Auch wenn wir ein Mann mehr waren, das spielt gegen diese Mannschaft überhaupt keine Rolle», sagte Funkel. Ob es auch sein letztes Spiel als Trainer insgesamt gewesen ist, ließ er offen.

Bayer-Taktgeber Xhaka hatte seine Kollegen nach der Riesenenttäuschung von Dublin in die Pflicht genommen. «Jetzt müssen wir schauen, was diese Mannschaft wirklich für einen Charakter hat», sagte der Schweizer. Alonso nahm gleich fünf Wechsel vor. Wie angekündigt stand Kapitän Lukas Hradecky statt Matej Kovar im Tor, der Finne bestritt sein viertes Pokalfinale. Dazu rückten noch Kossounou, Robert Andrich, Jonas Hofmann und Patrik Schick in die Mannschaft.

Ein riesiger Teufel vor dem Anpfiff

Beim FCK brachte Funkel den zuletzt oft angeschlagenen Top-Torjäger Ragnar Ache (17 Pflichtspiel-Tore) erst zur zweiten Halbzeit. Der Chefcoach hatte auf den Tag genau vor 43 Jahren als Lauterer Spieler das Cupfinale gegen Eintracht Frankfurt mit 1:3 verloren. Vor dem Anpfiff versprach er im Sky-Interview einen «Kampf auf des Messers Schneide».

Angesichts der erwarteten Überlegenheit der Leverkusener hatte Funkel dieser Tage gar scherzhaft angekündigt, den Mannschaftsbus vor dem eigenen Tor zu parken. So weit kam es dann nicht. Die Fans des Außenseiters beeindruckten schon vor dem Anstoß mit einer Choreographie: Ein riesiger Roter Teufel reichte fast bis unters Stadiondach. Danach brannten die Anhänger der Pfälzer allerdings fast pausenlos verbotene Pyrotechnik ab.

Den ersten gefährlichen Torschuss gab der FCK durch Daniel Hanslik ab, bevor die Bayer-Elf in dem Hexenkessel ihr gewohntes Passspiel aufzog. Nach einer knappen Viertelstunde war Florian Wirtz auf der Gegenseite erstmals durch, schoss aber Julian Krahl an. Lauterns Schlussmann flog dann kurz darauf vergebens dem Ball hinterher: Xhaka war vorangegangen und zog aus etwa 25 Metern fulminant ab – das 1:0.

Immer mehr schnürten die Leverkusener nun den Zweitligisten ein, der viel hinterherrannte. Krahl hechtete an einer Hereingabe von Alejandro Grimaldo vorbei, Schick verpasste jedoch. Nach einem rüden Foul von Kossounou an Tomiak herrschte helle Aufregung – Schiedsrichter Bastian Dankert zeigte dem bereits verwarnten Abwehrspieler die Ampelkarte.

Leuchtraketen sorgen für Unterbrechung

Die kurzfristige Konfusion hätte Tobias Raschl fast zum Ausgleich genutzt, aber sein Flachschuss zischte am Pfosten vorbei. Funkel war 1985 als Spieler mit Bayer Uerdingen ein überraschender 2:1-Finalsieg gegen Bayern München gelungen – 39 Jahre später feuerte er seine Mannschaft bis weit in die Schlussphase energisch an.

Kurz nach dem Wechsel hatte Dankert die Partie für einige Minuten unterbrochen, weil aus dem FCK-Block nun auch Leuchtraketen flogen und Böller knallten. Auch Bayer-Fans zündeten Pyrotechnik. Als sich der Rauch verzog, suchte Leverkusen die Vorentscheidung – zeigte aber kaum etwas von seinem gewohnten Ballzauber.

Der eingewechselte Ache schoss nach einer knappen Stunde erst knapp an Hradeckys Tor vorbei und zwang kurz danach den Keeper zu einer Glanzparade. Lautern ließ nicht locker und wagte sich immer häufiger nach vorn, während die Alonso-Elf das Spiel einfach nicht beruhigen konnte. Am Ende aber schaffte Leverkusen als sechster Verein das Double. Als bisher einziger Zweitligist hat Hannover 96 1992 den Pokal gewonnen.

Von Ulrike John, Holger Schmidt, Jan Mies und Arne Richter, dpa
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