Einpeitscher, Magier, Mittler, Trickser: Cheftrainer Felix Magath bringt Hertha BSC wieder auf Kurs. (Urheber/Quelle/Verbreiter: Andreas Gora/dpa)

Felix Magath sah aus wie ein Verlierer. Kurz kratzte er sich nachdenklich an der Schläfe. Dann analysierte der Magier mit ziemlich ernstem Blick und leiser Stimme die Lage bei seiner Hertha.

Das eigene Team nach guten Start aus unerklärlichen Gründen viel «zu passiv», der Gegner aus Stuttgart «die bessere Mannschaft». Was war da passiert? Die Hertha hatte doch 2:0 gegen den VfB gewonnen und einen möglicherweise entscheidenden Schritt Richtung Klassenerhalt gemacht. Doch Magath? Der moserte. Und das sicher aus purem Kalkül.

«Ich weiß nicht, wer nach dem Spiel euphorisch werden soll nach dem Spiel bei der Hertha?», stellte der zum Berliner Retter auserkorene Trainer-Routinier noch eine rhetorische Frage. Gründe für zumindest ganz viel neue Zuversicht hatte seine Mannschaft durchaus geliefert und Magaths Ruf als maximal befähigtem Experten im Abstiegskampf der Fußball-Bundesliga schon mal eindrucksvoll bestätigt.

«Gemeinsam gegen den Abstieg stemmen»

Die Defensive funktioniert, eine Grundbedingung im Abstiegskampf. Zwei Spiele ohne Gegentor hatte es in dieser Saison noch nicht gegeben. Und noch eindrücklicher: Da stand wieder ein Team auf dem Platz, das leidenschaftlich kämpfte und mit Anführer Kevin-Prince Boateng als Einpeitscher gemeinsam feierte. Magath hat – mit welchen Mitteln auch immer – aus den vielen unter Egoismus-Verdacht stehenden Berliner Fußball-Einzellern einen funktionierende Organismus gemacht. Das ist schon eine Leistung an sich.

Aus dem schwelenden Konflikt der Vereinsführung zwischen Präsident Werner Gegenbauer und Investor Lars Windhorst hält er sich komplett heraus. Bei den Dissonanzen zwischen Spielern und unzufriedenen Fans wirkt er als geschickter Mittler, der seine Profis versteht und die Anhänger dennoch nicht verprellt. In den nächsten Tagen solle es dazu kommen, «dass sich beide Gruppen annähern». Man müsse sich «gemeinsam gegen den Abstieg stemmen», forderte der Trainer.

«Fußball ist auch ein Kopfsport»

Magath hätte auch persönlich genießen können. Ein Erfolg im 500. Spiel als Bundesliga-Trainer. Und dann auch noch den legendären Hennes Weisweiler mit dem 234. Sieg überholt – nur fünf Trainer schafften bislang mehr. Die auf den ersten Blick überraschende Volte zum Zweifler und Mahner machte aber natürlich Sinn. Denn noch ist die Lage der Berliner auf Platz 15 fragil. Trotz vier Punkte Vorsprung auf den VfB (Platz 16) und sogar sechs auf den nächsten Gegner Arminia Bielefeld (17).

Noch bewegt sich die Hertha im Konfliktfeld des Konjunktivs. Klar, wenn auch Bielefeld besiegt wird und Stuttgart gegen Wolfsburg verliert, wäre der Klassenerhalt schon am Samstag perfekt. Eine Perspektive, die noch vor zwei Wochen nach dem desaströsen 1:4 gegen Union Berlin utopisch erschien. Aber was, wenn es andersherum kommt? Wenn Bielefeld und Stuttgart gewinnen? Dann wäre die Hertha wieder mittendrin im Schlamassel und Magath weiter dringend als Wundertäter gefordert.

Bislang hat der 68-Jährige das Allermeiste richtig gemacht. Auf den nicht 100 Prozent fitten Boateng als Leithammel zu setzen, war ein Wagnis. Auf als schwierig eingestufte Charaktere wie Davie Selke zu vertrauen, hatte keiner seiner Vorgänger in Betracht gezogen. «Fußball ist auch ein Kopfsport, das darf man nicht vergessen», sagte jener Selke, der wie der kürzlich von Magath noch aussortierte Ishak Belfodil gegen Stuttgart traf.

Von Arne Richter und Oliwia Nowakowska, dpa
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