Diesen großen Fußballabend wollten Italiens EM-Helden ohne den umgehenden Blick auf das Gigantenduell gegen Spanien auskosten. «Jetzt genießen wir diesen Sieg, dann denken wir an den Gegner», sagte Trainer Roberto Mancini in der Nacht zum Samstag in München.
Mit 2:1 hatte die Squadra Azzurra die zur Goldenen Generation erklärte belgische Auswahl um Kevin De Bruyne besiegt – und sich für das Halbfinale der Fußball-Europameisterschaft am Dienstag im Londoner Wembley-Stadion bestens positioniert. Spanien hatte sich zuvor durch einen Sieg im Elfmeterschießen gegen die Schweiz durchgesetzt.
«Fehlen noch zwei Spiele»
«Es fehlen noch zwei Spiele, jetzt wartet Spanien auf uns, eine großartige Mannschaft», sagte Verteidiger Leonardo Bonucci. Im Kollektiv konnten die Italiener am Freitagabend Belgiens Super-Angriff schonmal kontrollieren. Nur per Foulelfmeter traf Sturmkoloss Romelu Lukaku zum 1:2. Nicolò Barella und Lorenzo Insigne mit einem Traumtor hatten den Weltmeister von 2006 bis dahin schon in eine komfortable Führungsposition gebracht.
In Deutschland, Ort des bislang letzten großen italienischen Triumphes vor 15 Jahren, wurde die Titellust der Squadra Azzurra am Freitagabend noch ein bisschen größer. 32 Spiele ohne Niederlage bringen dem von Mancini glänzend eingestellten Kollektiv auch eine fast unerschütterliche Zuversicht. «Das unterscheidet uns von den anderen Mannschaften: Wir opfern uns einer für den anderen, so können wir weit kommen», sagte Insigne. «Jetzt müssen wir die Akkus aufladen, es wartet Spanien, da müssen wir vorbereitet sein.»
«Magische Nacht»
Die Medien in der Heimat feierten ihre Stars schon überschwänglich. Die «Gazzetta dello Sport» schwärmte von einem «fabelhaften Italien», der «Corriere dello Sport» machte eine «magische Nacht» aus. «Jetzt träumen wir weiter, bleiben aber mit den Füßen auf dem Boden», sagte Bonucci.
Während Italiens Halbfinalisten ausgelassen auf dem Rasen tanzten, verharrte De Bryune an der Mittellinie mit leerem Blick. «Für mich persönlich waren es vier oder fünf verrückte Wochen», berichtete der nach Fouls wiederholt verletzte Star von Manchester City. «Es war ein Wunder, dass ich heute gespielt habe, denn mein Knöchel war definitiv beschädigt. Ein Riss in meinen Bändern. Aber ich fühlte mich verantwortlich, heute für mein Land zu spielen.»
Sportlich frustriert verließen die Roten Teufel die Münchner EM-Arena, körperliche Schmerzen hatte der Italiener Leonardo Spinazzola. Der Verteidiger war mit dem Verdacht auf einen Riss der linken Achillessehne ausgewechselt worden. «Es hat mich sehr getroffen, ihn in Tränen zu sehen. Die Szene war nicht schön anzusehen. Er war einer unserer besten Spieler dieser EM», sagte Mancini.
Kurios: Vor dem 1:0 durch Barella hätte sein Teamkollege Ciro Immobile gerne einen Elfmeterpfiff zu seinen Gunsten gehört. Als Barella zum 1:0 einnetzte, war beim früheren Dortmunder Immobile alle Pein fix vergessen. Manch einer spottete über eine vermeintliche Wunderheilung. Bilder wie diese schmälern die sportlich starken Auftritte der Auswahl.