Nach dem ersten Schock soll Lionel Messi noch am Abend des Fußball-«Erdbebens» von Barcelona höchstpersönlich die Jobsuche forciert haben.
In einer für den 34 Jahre alten Superstar einmaligen Situation kontaktierte der Argentinier Medienberichten zufolge höchstpersönlich seinen Landsmann Mauricio Pochettino – und der ist Trainer von Paris Saint-Germain. Heißt es bald schon: «Bienvenue Messi»?
Pochettino reagiert ausweichend
Zum Telefonat äußerte sich Pochettino während einer Pressekonferenz von PSG ausweichend. Er bestätigte aber, dass die Clubverantwortlichen Messi sehr wohl im Blick haben. Der Verein evaluiere die Optionen und natürlich sei Messi eine davon. «Manchmal bieten sich Gelegenheiten, manchmal nicht», sagte Pochettino, während über 800 Kilometer nördlich von Paris fast parallel ein ehemaliger Trainer und ständiger Verehrer von Messi sprach.
In Manchester machte Pep Guardiola allerdings klar, dass sein einstiger Lieblingsspieler beim FC Barcelona in den aktuellen City-Gedanken keine Rolle spiele. Sie hätten jetzt erst Jack Grealish verpflichtet. «Und er wird die Nummer 10 tragen. Wir waren überzeugt von Grealish und überzeugt, dass Leo bei Barça bleiben würde», sagte Guardiola nach dem abrupten Ende der Messi-Ära bei den Katalanen.
Der sechsmalige Weltfußballer selbst äußerte sich noch nicht. Dafür sprach der Präsident des FC Barcelona und erklärte, warum geschah, was nicht hätte passieren sollen. Weder aus seiner, geschweige denn aus Sicht von Messi, der nach dem hartnäckigen Wechselversuch vor einem Jahr nun eigentlich bleiben wollte.
Laporta: «Furchtbares Erbe angetreten»
Die finanzielle Lage des Clubs sei aufgrund des «katastrophalen Managements» der vergangenen Jahre so schlecht, dass man bei einer Weiterverpflichtung von Messi nicht die Vorgaben der spanischen Profiliga hätte erfüllen können, erklärte Joan Laporta, der im März ins Amt zurückgekehrt war. «Wir haben ein furchtbares Erbe angetreten», sagte der 59-Jährige.
Allein die Gehaltsmasse sei zuletzt mit Messis Vertrag um zehn Prozent höher als die Gesamteinnahmen des Vereins gewesen. Das sogenannte Financial Fairplay der spanischen Liga ließ keinen Spielraum für den mit unfassbaren fast 490 Millionen Euro verschuldeten Club.
Warum dies allerdings erst im letzten Moment festgestellt wurde, blieb offen. Messi hätte dem Vernehmen nach auf die Hälfte seines bisherigen höchst üppigen Lohnes verzichtet. Es gab auch Pläne, das Gehalt von zwei Jahren – so lange sollte er noch für den FC Barcelona spielen – über fünf Jahre zu zahlen.
Fast nur Verlierer
Mit Messi seien sie sich einig gewesen, bestätigte Laporta auch noch mal den Wortlaut der Pressemitteilung. «Ich bin traurig, aber gleichzeitig bin ich auch davon überzeugt, dass wir das getan haben, was im besten Interesse des Vereins ist», betonte er hinterm Pult mit dem Vereinsemblem, das Messi seit 2000 auf dem Trikot trug.
Erstmal gibt es fast nur Verlierer. Die Liga, weil sie drei Jahre nach Cristiano Ronaldos Weggang von Real Madrid zu Juventus Turin ihren größten Star verliert. Der FC Barcelona, weil nach 21 Jahren mit Messi im Verein nun eine neue und vor allem schwere Zeitrechnung beginnt. Und auch Messi, weil dieser anders als vor einem Jahr, nicht mehr wegwollte. Er habe bei Barça bleiben wollen und bisher mit keinem anderen Verein verhandelt, berichtete der katalanische Sender RAC1 und versicherte: Messi sei «tief betroffen».
Die Erholung vom Familienurlaub in Florida und auf Ibiza war nur einen Tag nach dem Ferienende der Messis dahin. Vater Jorge, der Messi auch managt, soll Medienberichten zufolge noch am Donnerstag mit Vertretern von Paris Saint-Germain gesprochen haben. Und Sohn Lionel soll laut dem britischen Magazin «The Athletic» kurzerhand PSG-Coach Pochettino selbst kontaktiert haben. Details aus dem Gespräch unter Landsmännern wurden erstmal nicht bekannt. Pochettino sagte dazu nur: «Ich habe nicht mit englischen Medien gesprochen.»
«Große Seifenoper»
Frankreichs Sportzeitung «L’Équipe» prophezeite bereits die «große Seifenoper» dieses Sommers, was den künftigen Club des Südamerikaners betrifft. Bei PSG würde Messi ein Rendezvous mit seinem ehemaligen Barcelona-Mitstreiter Neymar und auch Landsmann Angel di Maria feiern. Und eine Offensive mit Neymar, Messi und dem französischen Weltmeister Kylian Mbappé könnte durchaus nach dem Geschmack der schwerreichen Besitzer-Scheichs von PSG Saint-Germain sein. «Es könnte schnell gehen, wenn Messi sich für Paris entscheidet», schrieb «RMC Sport» aus Frankreich.
Klar ist: ein Verein muss sich einen Messi leisten können. Klar ist auch, dass Messi nach insgesamt unfassbaren 35 Titeln mit dem FC Barcelona mit noch weiteren Ansprüchen kommt. Mit 34 Jahren hat der Argentinier nicht mehr so viele Karrierejahre vor sich. Ende kommenden Jahres will er mit Argentinien bei der WM noch mal groß auftrumpfen – erst recht, nachdem er vor ein paar Wochen mit dem Gewinn der Copa América den ersten großen Titel mit der Nationalmannschaft bejubelt hatte.
Spekulationen, dass er womöglich nun schon zu Inter Miami wechseln könnte, dem Club von David Beckham in der amerikanischen MLS, oder sich ein «Millionärserlebnis» in Katar («El Mundo deportivo») gönnt, erscheinen eher sehr fraglich für Messi, der sich seit langem mit seiner Frau und den drei Söhnen an der Küste in Castelldefels südlich von Barcelona heimisch fühlt und nun vor einem neuen Karriereabschnitt steht, wenn in den wundersamen Wendungen der vergangenen 18 Monate nicht noch eine weitere Riesenüberraschung eintritt.
Auf die Frage eines Journalisten, ob bereits das letzte Wort gesprochen worden sei, sagte Clubboss Laporta am Freitag vieldeutig: «Ich will keine falschen Hoffnungen wecken.» Er betonte allerdings auch, die Verhandlungen seien zu Ende.