Nach dem Wüstefeld-Rücktritt: Die großen Baustellen des HSV
Der 53-jährige Thomas Wüstefeld ist als Finanzvorstand und Aufsichtsratmitglied beim Hamburger SV zurückgetreten. (Urheber/Quelle/Verbreiter: Daniel Bockwoldt/dpa)

Nach dem Rücktritt von Thomas Wüstefeld als Finanzvorstand und Aufsichtsratsmitglied hat sich beim Zweitligisten Hamburger SV eine weitere Baustelle aufgetan.

Neben dem anvisierten Aufstieg in die Fußball-Bundesliga müssen beim Spitzenreiter zeitnah gleich mehrere wichtige Personalien dringend geklärt werden. Darüber hinaus steht die Sanierung des im Jahr 2024 als EM-Spielort vorgesehenen Hamburger Volksparkstadions auf der Agenda, für deren Wüstefeld zwar einen Finanzier, aber noch keine Bürgen gefunden hat.

Eine Übersicht über die aktuellen HSV-Baustellen:

Aufstiegskampf

Nach dem im Sommer in der Relegation knapp verpassten Aufstieg läuft es rein sportlich für den HSV bisher nahezu optimal. Mit sieben Siegen und 21 Punkten aus neun Punktspielen steht der Verein vor dem Spitzenspiel an diesem Freitag bei Hannover 96 (18.30 Uhr/Sky) an der Tabellenspitze. Trainer Tim Walter hat bisher das Kunststück vollbracht, die im und um den Verein herrschende Dauer-Unruhe von seiner Mannschaft fernzuhalten. Der Saisonstart 2022/23 ist der beste seit dem Abstieg im Jahr 2018.

Finanzvorstand gesucht

Medizinunternehmer Thomas Wüstefeld war zunächst in den Aufsichtsrat aufgerückt und hatte zu Jahresbeginn die Nachfolge des zurückgetretenen langjährigen Finanzvorstands Frank Wettstein angetreten. Dessen Tätigkeit sollte der 53-Jährige zunächst bis zum Jahresende übernehmen. Dann sollte entschieden werden, ob er dort weiter macht oder in das Kontrollgremium zurückkehrt. Nach dessen Rücktritt von beiden Posten wird nun stattdessen ein Wüstefeld-Nachfolger gesucht. Vorerst leitet Jonas Boldt als alleiniger Vorstand die operativen HSV-Geschäfte.

Zukunft von Boldt und Walter offen

Die Verträge von Sportvorstand Jonas Boldt (40) und Trainer Walter (46) laufen nur bis zum Saisonende. Eigentlich wollte Boldt das Arbeitspapier mit seinem Erfolgscoach – wie er öffentlich wiederholt mitteilte – längst verlängert haben, doch der Aufsichtsrat will nach vier gescheiterten Anläufen auf die 1. Liga zunächst die sportliche Entwicklung bis zur WM-Pause Mitte November abwarten. Das «absolute Vertrauen» in das Duo sei «da», es bleibe aber bei dem Zeitplan, sagte am Donnerstag Aufsichtsratschef Marcell Jansen. Boldt und Walter stehen damit vor dem Problem, dass sie vorerst mit einer Vertragsrestlaufzeit von nur neun Monaten gewaltige sportliche und wirtschaftliche Herausforderungen meistern müssen.

Finanzierung der Stadionsanierung

Wüstefeld hat in HSV-Hauptsponsor HanseMerkur zwar einen Kreditgeber für die mindestens 23,5 Millionen Euro teure Sanierung des maroden Hamburger Volksparkstadions gefunden, er benötigt aber noch Bürgen. Die Stadt Hamburg, auf die Wüstefeld setzte, hat schon abgesagt. Denn die Hansestadt hatte dem HSV vor zwei Jahren für 23,5 Millionen Euro das Grundstück abgekauft, auf dem die Arena steht. Unter der Auflage, dass der Club das Geld für die Stadionsanierung verwendet. Dass die Millionen – vor Wüstefelds Zeit – stattdessen in den laufenden Betrieb gesteckt wurden, hat zur Folge, dass der HSV die Sanierung nun anderweitig finanzieren muss.

HSV-Zukunft mit oder ohne Kühne

Investor Klaus-Michael Kühne hat dem HSV ein 120-Millionen-Euro-Angebot unterbreitet, mit dem der klamme Club seine finanziellen Probleme mit einem Schlag los wäre. Problem: Der 85-Jährige, der gut 15 Prozent Anteile an der Fußball AG hält, will im Gegenzug seine Anteile auf 39,9 Prozent erhöhen. Laut Satzung dürfen aber nicht mehr als 24,9 Prozent an andere Anteilseigner als den HSV e.V., dem Präsident Jansen vorsteht, veräußert werden. Da das Kontrollgremium nach einer ersten schnellen Absage nun doch Gespräche mit der Kühne Holding führt, scheint ein Umdenken möglich. «Wir wären ja bescheuert, wenn wir nicht weiter am Ball und mit Herrn Kühne in Kontakt bleiben würden», sagte Jansen. Dann müsste der HSV aber seine Satzung ändern.

Thomas Prüfer und Sebastian Stiekel, dpa
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