Herthas Marco Richter (l) im Kopfballduell mit dem Mainzer Jae-Sung Lee. (Urheber/Quelle/Verbreiter: Soeren Stache/dpa)

Niederlechner junior war schrecklich langweilig. «Papaaaa», beschwerte sich der kleine Sohn von Hertha-Stürmer Florian Niederlechner über das aus seiner Sicht viel zu lange Interview in den Katakomben des Berliner Olympiastadions und umklammerte dabei fest die Hand seines Vaters. Niederlechner senior gab noch flugs ein paar Antworten und wünschte dann höflich ein schönes Wochenende.

Alle Umstehenden und auch Niederlechner selbst wussten, dass es für die Hertha ein richtig schönes Wochenende hätte werden können. Wenn da nicht der Glücksschuss von Ludovic Ajorque (57. Minute) zum 1:1 des FSV Mainz 05 gewesen wäre. «Es ist schon bitter, dass wir das Spiel nicht gewonnen haben», sagte Niederlechner, der zwar auch im siebten Spiel für die Hertha ohne eigenen Treffer blieb, aber gemeinsam mit Elfmetertorschütze Jessic Ngankam (18.) für viel Berliner Druck sorgte.

«Ärgerlich» nannte Hertha-Trainer Sandro Schwarz die verpasste Siegchance. Dennoch sprach er von dem intakten «Urvertrauen» in seine Mannschaft. Im Abstiegskampf spielt der Coach schon länger diese Psycho-Karte, sein Team immer wieder stark zu reden. Er hatte nach dem mit Ausnahme von etwa 20 Minuten um den Mainzer Ausgleich herum guten Spiel gegen seinen Ex-Club ja sogar guten Grund dafür.

777 Partners lösen Windhorst als Geldgeber ab

Ein dritter Heimsieg in Serie hätte wunderbar gepasst in eine neue Berliner Aufbruchstimmung. Wenige Stunden vor dem Spiel hatte die Hertha die Zusammenarbeit mit dem neuen Investor 777 Partners bekannt gegeben. Die Amerikaner lösen den umstrittenen Unternehmer Lars Windhorst als Geldgeber ab. Medienberichten zufolge sollen schon bald neue Millionen überwiesen werden. Bei der Lizenzfrage könnte das für die Hertha essenziell sein. Am Montag will sich der Club gemeinsam mit dem neuen Partner detaillierter zum nach mehreren Verhandlungswochen geschlossenen Deal äußern.

Für Schwarz wären drei Punkte aktuell wichtiger gewesen, als die Nachrichten aus der Hertha-Geschäftsstelle. Mit 21 Zählern bleiben die Berliner in der akut gefährdeten Tabellenzone. Humoristen könnten in Anspielung auf den neuen Partner 777 anfügen, dass die Summe im Namen mit der derzeit erreichten Punktzahl immerhin identisch ist.

Mainz-Trainer Svensson: «Glücklicher Punkt»

Die nach ihrem großen Aufschwung diesmal mit einem Punkt gut bedienten Mainzer brauchen keine Zahlenspiele. Sie konnten sich aber auch nicht näher an das Spitzendrittel des Bundesliga-Rankings schieben. Trainer Bo Svensson wollte nach dem Ende der Vier-Siege-Serie nichts schönreden. «Schlimm» sei die erste Halbzeit gewesen. Den «glücklichen Punkt» nehme er gerne mit. Aber man müsse «kritisch reden» über die eigene Leistung.

Hut ab, vor so viel Reflexion der Rheinhessen, könnte man meinen. Die Mainzer hätten allen Grund gehabt, das Gegentor als Ausrede zu missbrauchen. Allen Skeptikern des Videobeweises wurden Argumente geliefert. Bei einer Flanke von Lucas Tousart (15.) touchierte der Ball offenbar die Hand von Leandro Barreiro an dessen ausgestreckten Arm. Videoreferee Sören Storks sah es. Referee Benjamin Curtus prüfte die Szene auf dem Schirm und entschied auf Strafstoß.

«Wie lange Zeit haben wir?», antwortete Svensson auf die Frage, was er von dem Pfiff halte. «Es ist ein Thema, das uns immer begleitet, sehr problematisch, kein weiterer Kommentar». Das war es mit der Svensson-Analyse. Sünder Barreiro meinte zur Referee-Entscheidung kurz und knapp: «Absoluter Schwachsinn».

Arne Richter, dpa
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