Am Ende hatte Niko Kovac noch einen dringenden Rat an die Spieler des VfL Wolfsburg: Genauso zu spielen, wie er es früher getan hat.
«Wir müssen wahrscheinlich wirklich das machen, was mein Bruder und ich gemacht haben», sagte der neue Trainer des VfL. «Verteidigen. Du oder ich. Jeder muss sich am Ende fragen: Habe ich das persönliche Duell mit meinem Gegenspieler gewonnen oder nicht?»
Niko und Robert Kovac waren einmal beinharte und disziplinierte Defensivspieler unter anderem bei Bayern München. Aber ihre neue Mannschaft in Wolfsburg zeigt auch nach fünf Spielen in der Fußball-Bundesliga noch nichts von dem, was den beiden Brüdern auf der Trainerbank so wichtig ist. Statt des ersehnten ersten Saisonsiegs gab es aam Samstag ein besonders desolates 2:4 (1:3) gegen den 1. FC Köln. Und statt des erhofften Neuanfangs legte der VfL mit zwei Punkten aus fünf Spielen den schlechtesten Saisonstart seiner Bundesliga-Geschichte hin.
Sportdirektor Schäfer stärkt Trainer Kovac
Das alles hat noch keine Konsequenzen. Sportdirektor Marcel Schäfer bekräftigte nach dem Spiel in einem ZDF-Interview, dass Kovac in Wolfsburg «sehr fest» im Sattel sitze. Alles andere wäre auch das Eingeständnis einer eklatanten Fehlplanung. Denn die sportliche Leitung um Schäfer und Jörg Schmadtke hat in den vergangenen 14 Monaten schon drei Mal den Trainer gewechselt: Vom detailversessenen Oliver Glasner zu der langen Leine eines Mark van Bommel. Von dem eher zugewandten Florian Kohfeldt zu dem besonders strikten Kovac. Im Ergebnis passt im Moment überhaupt nichts mehr zusammen.
Der neue Trainer wünscht sich einen aggressiven, dynamischen Fußball. Aber die Zusammensetzung des Kaders passt offenbar nicht zu seinen Ideen. «Nicht dass ich ratlos bin. Aber ich glaube, dass wir viele Spielertypen haben, die von Haus aus den Kontakt nicht so suchen wie bei anderen Mannschaften», sagte Kovac am Samstag.
In der Konsequenz sucht er auch nach zwei Monaten in Wolfsburg noch immer nach einer Idealformation, wechselt Woche für Woche Personal und System. Das schafft keinerlei Stabilität – sei aber nicht das Problem, sagte der 50-Jährige: «Wir haben zwei Punkte. Das bedeutet: Diejenigen, die vorher gespielt haben, haben über einen längeren Zeitraum ihre Chance bekommen und es hat nicht funktioniert. Dann scharren die anderen mit den Hufen.» Und er müsse reagieren.
Frage nach der «eingeschworenen Einheit»
Und die Mannschaft? Die alten Probleme – die fehlende Hierarchie, der fehlende Gemeinsinn, der fehlende Erfolgshunger – sitzen offenbar noch immer in der Kabine fest, wie der neue Kapitän Maximilian Arnold bestätigte. «Seid ihr eine eingeschworene Einheit?», wurde er nach dem Köln-Spiel gefragt. «Ich glaube, wir müssen das noch mehr werden.»
Denn diesmal beflügelte selbst das frühe 1:0 durch Lukas Nmecha in der 2. Minute den VfL nur kurz. Dejan Ljubicic (22.), ein Eigentor von Paulo Otavio (32.) und ein Foulelfmeter von Florian Kainz (45.+2) drehten die Partie noch vor der Pause. Wer danach ein Aufbäumen erwartete, wurde enttäuscht. Der VfL spielte ohne Emotionen und Ideen. Nach dem zweiten Tor von Nmecha (79.) stand es nur zwei Minuten später durch Sargis Adamyan (81.) schon wieder 2:4. Und die frustrierten Fans riefen: «Wir wollen euch kämpfen sehen!»
Und so wirkt der VfL auch nach zwei Monaten Arbeit mit Kovac, nach sechs Pflichtspielen inklusive DFB-Pokal und einer langen Transferperiode mit all ihren Möglichkeiten zur personellen Korrektur noch immer wie ein Puzzle, bei dem die einzelnen Teile weitgehend zusammenhanglos nebeneinander liegen. «Mein Trainerteam und ich haben in der Vergangenheit schon häufiger gezeigt, dass wir es hinkriegen», sagte der neue Trainer. Aber bislang sein das eben «viel zu wenig».