Bayer Leverkusen will das Triple schafften. (Urheber/Quelle/Verbreiter: Federico Gambarini/dpa)

José Mourinho ist weg, doch die Revanche-Gelüste bleiben. Mit einer gehörigen Portion Wut im Bauch ist der deutsche Fußball-Meister Bayer Leverkusen zur Neuauflage des Europa-League-Halbfinals nach Rom (Donnerstag, 21 Uhr/RTL) geflogen. Und das, obwohl der Spielverderber aus dem Vorjahr gar nicht mehr dabei ist.

«Der Fußball hat sich einen Tick geändert. Aber da ist noch eine Revanche offen. Beim ganzen Verein und bei der ganzen Mannschaft», sagte Nationalspieler Robert Andrich. «Wir sind alle heiß auf diese Revanche», sagte Jonathan Tah. Und auch Patrik Schick, der von 2017 bis 2019 selbst für die Roma spielte, erklärte: «Alle Spieler und alle im Verein erinnern sich, wie sie im letzten Jahr gespielt haben. Und natürlich wollen wir ihnen alle dieses Gefühl zurückgeben.»

Von «ekelhaft» bis «Schande»

Neben dem Triple aus Meisterschaft, Pokalsieg und Europa-League-Triumph ist es auch der Rückblick auf die Spiele im Vorjahr, der als Motivation dient. «Wir können uns noch sehr gut daran erinnern», sagte Tah. Nach einem 0:1 in Rom kam Bayer im Rückspiel trotz 23:1 Torschüssen nur zu einem 0:0. Und die destruktive Spielweise, vor allem aber das aufreizende Zeitspiel und die theatralischen Einlagen nach Zweikämpfen erbosten die Leverkusener so sehr, dass sie nachher öffentlich Begriffe wie «ekelhaft», «Frechheit» oder «Schande» verwendeten.

Sportchef Simon Rolfes erklärte, der Schiedsrichter habe sich «verarschen» lassen, Kapitän Lukas Hradecky drückte Roms Finalgegner FC Sevilla demonstrativ die Daumen – und Mourinho sprach derweil genüsslich von einem «fast schon epischen Spiel».

Déjà-vu-Erlebnis reißt Wunden wieder auf

«The Special One» Mourinho, als Coach bei Real Madrid einst engagierter Förderer des heutigen Leverkusener Meister-Machers Xabi Alonso, wurde im Januar beurlaubt. Nachfolger Daniele De Rossi ist als Typ wie als Trainer komplett anders. «Er war mein Spieler, als ich 2004 Trainer in Rom war. Er ist ein toller Kerl», sagte DFB-Sportdirektor Rudi Völler, für den die Roma nach Leverkusen der zweite Herzensverein ist, der «Sport Bild»: «Er hat es verdient, weil er auch anderen, offensiveren Fußball spielen lässt und damit Erfolg hat.» Der im Vorjahr unbeteiligte Coach umgeht auch die Konfrontation und lobt Leverkusen angesichts von 46 Pflichtspielen ohne Niederlage: «Wir treffen auf eine ungeschlagene und anscheinend unbesiegbare Mannschaft.»

Doch viele Spieler aus dem Vorjahr sind noch da und das Déjà-vu-Erlebnis reißt damalige Wunden wieder auf. Coach Alonso achtet derweil wie immer darauf, dass solche Nebenschauplätze nicht so viel Raum einnehmen und seine Spieler nicht überdrehen. «Ein Halbfinale ist genug Motivation, da brauchen wir nichts extra», sagte er: «Es ist keine Revanche. Wir spielen wieder gegen Rom, aber es ist eine neue Situation: Sie haben einen neuen Trainer. Es ist die zweite Chance. Die wollen wir nutzen und ein besseres Ergebnis erzielen.»

Alonso gab nochmal zu, dass das Spiel im Vorjahr «Schmerzen verursacht hat, die eine Weile angedauert haben. Aber wir haben diesen Schmerz über den ganzen Wettbewerb hinweg genutzt. Jetzt haben wir die zweite Chance.» Er habe die Partien aus dem Vorjahr aber vor der erneuten Reise nach Rom nicht mehr groß thematisiert.

Der Startpunkt für die Serie

Auch Rolfes mahnt zur Besonnenheit. «Überdrehen ist nie gut», sagte er: «Dominanz bekommst du nur, wenn du mit Kopf spielst und nicht nur von Emotionen geleitet bist. Aber Emotionen gehören dazu und sind auch ein Antrieb. Den haben wir auf jeden Fall. Deswegen freuen wir uns alle, dass es nach Rom geht.».

Rolfes erklärte, dass der Rom-Frust aus dem Vorjahr der Startpunkt für die aktuelle Traumsaison war. «Die Europa League vergangene Saison war auch ein Grundstein für die Meisterschaft. Aus dieser Enttäuschung haben wir viel Kraft gezogen», sagte er.

Von Holger Schmidt, dpa
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