Die deutsche Frauen-Nationalmannschaft beim Training nach dem 6:0-Auftaktsieg gegen Marokko. (Urheber/Quelle/Verbreiter: Sebastian Christoph Gollnow/dpa)

Die deutschen Fußballerinnen erhaschten im Hotel noch ein paar Blicke auf den gelungenen WM-Start des nächsten Gegners Kolumbien im Fernsehen, bevor sie mit einigen Shoppingtüten bepackt in den Bus stiegen.

«Wir hatten heute Morgen Regenerations- beziehungsweise Spielersatztraining und dann noch ein bisschen Zeit bis zum Mittagessen. Von daher waren wir nebenan in ein paar Geschäften und ein bisschen bummeln», berichtete Torhüterin Merle Frohms lässig, bevor es zum Flughafen Melbourne ging. 

Das befreiende 6:0 im ersten Gruppenspiel der Weltmeisterschaft gegen Marokko nahm das DFB-Team mit zurück ins Basiscamp nach Wyong – die Warnung vor dem nächsten Gegner Kolumbien allerdings auch. «Wir erwarten ein sehr körperliches, sehr umkämpftes Spiel. Die hatten aber auch schöne Spielzüge mit offensiven Gedanken und schnelle Spielerinnen vorne drin, die sehr zielstrebig sind», sagte Frohms. Mittelfeldspielerin Lena Lattwein urteilte: «Da müssen wir dagegen halten. Aber ich habe da keine Bedenken, dass wir physisch nicht auf ähnlichem Niveau sind.»

«Da wird eine andere Wucht auf uns zukommen»

Die Kolumbianerinnen starteten mit einem 2:0 gegen Südkorea ins Turnier, als der DFB-Tross gerade zum Rückflug nach Newcastle aufbrach. «Da wird eine andere Wucht auf uns zukommen», prophezeite Bundestrainerin Martina Voss-Tecklenburg über den nächsten Gruppengegner, der in Linda Caicedo einen angehenden Superstar in seinen Reihen weiß.

Die 18 Jahre alte Offensivspielerin, gerade erst aus ihrem Heimatland zu Real Madrid gewechselt, vereint Tempo und Technik. Vor wenigen Jahren überlebte Caicedo eine Krebserkrankung, gegen Südkorea traf sie schon vor der Pause zum Endstand.

Vor dem zweiten Vorrundenspiel bleibt den deutschen Spielerinnen um Doppeltorschützin und Kapitänin Alexandra Popp eine Flugreise erspart: Vom Basecamp in Wyong geht es für die Partie am kommenden Sonntag (11.30 Uhr MESZ/ARD) per Bus ins knapp 100 Kilometer entfernte Sydney.

Alicia-Keys-Hit im Mannschaftsbus

Erst mal aber ließ der Mitfavorit den klaren Auftaktsieg im Teamhotel in den Docklands von Melbourne am Yarra River sacken. Auf dem kurzen Weg ins Hotel schmetterten die Spielerinnen im Bus noch den Alicia-Keys-Hit «Girl On Fire». «Es tat gut, mit der ganzen Mannschaft zusammen zu singen und den Sieg einfach zu genießen», sagte die erfahrene Flügelspielerin und stellvertretende Spielführerin Svenja Huth.

Dass man nicht den stärksten Gegner in der Gruppe gehabt habe, «das wissen wir auch», sagte Voss-Tecklenburg, strahlte aber nach dem gelungenen Turnierstart, dem so einige Zweifel vorangegangen waren: «Das gibt uns eine gute Ausgangslage, eine gute Basis.» Die Mannschaft wisse, dass noch Luft nach oben sei, sagte Huth. «Beim zweiten Spiel können wir uns vom Auftakt auch nichts mehr kaufen und plötzlich aufhören, Fußball zu spielen.»

Immerhin tat die DFB-Auswahl etwas für ihr Torverhältnis, falls es im letzten Vorrundenspiel am 3. August gegen Südkorea noch eng werden sollte mit dem Einzug ins Achtelfinale. Und im Gegensatz zu den Titelrivalen aus England (1:0 gegen Haiti), Frankreich (0:0 gegen Jamaika) und Schweden (2:1 gegen Südafrika) war der DFB-Elf ein Stotterstart erspart geblieben. Sie habe «das vermisste Charisma der Deutschen leuchten sehen», erklärte die frühere Welttorhüterin Almuth Schult in einer Kolumne des «Redaktionsnetzwerks Deutschland».

Oberdorf bis Kolumbien wohl fit

«Wir wissen, dass noch nicht alles tippitoppi war», sagte indes Voss-Tecklenburg. «Ob das jetzt ein Statement war, sollen die anderen beurteilen. Wir können das aber einordnen, wir drehen jetzt nicht durch.» Ein möglicher Achtelfinal-Kontrahent drehte aber ebenfalls auf: Brasilien besiegte Panama mit 4:0 und hatte ja bereits im April in Nürnberg das deutsche Team in einem Testspiel mit 2:1 bezwungen.

Gegen Kolumbien könnte Huths Clubkollegin Lena Oberdorf wieder mitmischen: Die Mittelfeld-Abräumerin saß in Melbourne nach ihrer Muskelverletzung im Oberschenkel nur auf der Bank. «Ich bin zuversichtlich, aber das bin ich ja immer in jeder Situation», sagte sie auf entsprechende Fragen. «Obi ist ein ganz wichtiger Bestandteil der Mannschaft, und ich hoffe, dass sie bis Kolumbien fit ist und auf dem Platz stehen kann», verdeutlichte Lattwein.

Beim Training für die Ersatzspielerinnen früh fehlte Bayern-Profi Sydney Lohmann wegen einer leichten Adduktorenzerrung. Von etwa 60 Fans wurde das DFB-Team im Lakeside Stadion empfangen – und von freundlichen Worten auf der Anzeigetafel: «Guten Morgen, Deutschland. Toller Sieg!»

Von Ulrike John und David Joram, dpa
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