War in den letzten Tagen nicht nur als Trainer gefordert: Dänemark-Coach Kasper Hjulmand. (Urheber/Quelle/Verbreiter: Martin Meissner/AP/dpa)

Dänemark steht ein emotionaler Fußball-Abend bevor. Fünf Tage nach dem Zusammenbruch ihres besten Spielers Christian Eriksen tritt die dänische Nationalmannschaft im EM-Spiel gegen Belgien zum ersten Mal wieder am Ort des Dramas an (Donnerstag, 18.00 Uhr/ZDF und Magenta TV).

Mit dieser Mannschaft fühlt nach all den Szenen der Verzweiflung, des Zusammenhalts und der gegenseitigen Unterstützung am vergangenen Samstag ein ganzes Land mit. Und sie wird in Kopenhagen in ein Stadion zurückkehren, in das ausgerechnet zu dieser Partie wieder 25.000 statt der zu Turnierbeginn noch geplanten 15.900 Zuschauer hereingelassen werden.

Emotionale Rückkehr

«Es wird sehr emotional, in den Parken zurückzukommen. Und wir werden eine riesige Unterstützung haben. Wir müssen uns auf diese Emotionen vorbereiten und die Energie dann positiv nutzen», sagte Trainer Kasper Hjulmand bei einer Pressekonferenz.

Der 49-Jährige hatte bereits am Vortag von einem «emotionalen Kampf» gesprochen. Seine Spieler haben auf der einen Seite noch immer die Bilder von Eriksens Wiederbelebung zu verarbeiten. Und auf der anderen Seite ein wichtiges EM-Spiel zu bestreiten, bei dem es nicht nur um so etwas wie die Rückkehr in ein normales Fußballer-Leben geht, sondern auch noch um die Chancen der dänischen Mannschaft, nicht schon frühzeitig bei diesem Turnier auszuscheiden.

Dass Eriksen das Spiel vom Krankenhaus aus in seinem Nationaltrikot verfolgen will und dass er sich via Instagram quasi zum ersten Fan seines Teams erklärt hat («Jetzt werde ich bei den nächsten Spielen mit den Jungs des dänischen Teams jubeln. Spielt alle für Dänemark!»), hilft den Dänen ungemein. «Christian ist hier und es hätte auch viel schlimmer enden können», sagte Torwart Kasper Schmeichel. «Wir wollen am Donnerstag rausgehen und etwas Außergewöhnliches für Christian leisten.»

Dänemark unter Druck

Denn schaut man sich nur die sportliche Ausgangslage an, ist die Situation der Dänen schon kompliziert genug. Sie haben ihr erstes Spiel gegen den vermeintlich leichtesten Gruppengegner Finnland verloren (0:1) und müssen darauf nun gegen den definitiv schwersten Gruppengegner Belgien eine Antwort finden. Und das ohne ihren wichtigsten Spieler, der der 29 Jahre alte Eriksen nach vielen Saisons bei Ajax Amsterdam, Tottenham Hotspur und Inter Mailand nun einmal ist. «Niemand kann Christian ersetzen. Das ist unmöglich», sagte Hjulmand. «Christian ist das Herz unseres Teams. Den Rhythmus, den er uns normalerweise gibt, müssen wir jetzt anders finden.»

Die Dänen haben zwar nach wie vor zwei starke Innenverteidiger (Christensen, Kjaer), zwei wertvolle Zuarbeiter im Mittelfeld (Höjbjerg, Delanay) und zwei fleißige Außenstürmer (Braithwaite, Poulsen). Aber es fehlt der Mann, der all diese Elemente miteinander verbindet und das Spiel lenkt. Das dänische Team ist von Eriksen beinahe so abhängig wie das polnische von Robert Lewandowski oder das kroatische vom ehemaligen Weltfußballer Luka Modric.

Die Hoffnung der Dänen ist, dass ihr Teamgeist und die Unterstützung der Zuschauer sie über alles hinweg trägt, was zuletzt passiert ist. Noch am Vortag hatte Hjulmand jedem einzelnen Spieler freigestellt, ob er gegen Belgien dabei sein möchte oder aus emotionalen Gründen lieber auf einen Einsatz verzichten will. Am Mittwoch sagte er dann: «Es sieht bei allen gut aus. Das Training gestern war wieder ein wichtiger Schritt. Wir haben ein starkes Team. Wir freuen uns auf morgen und sind bereit für die Herausforderung.»

Die voraussichtlichen Aufstellungen

Dänemark: 1 Schmeichel – 18 Wass, 6 Christensen, 4 Kjaer, 5 Maehle – 8 Delaney, 24 Jensen, 23 Höjbjerg – 20 Poulsen, 19 Wind, 9 Braithwaite

Belgien: 1 Courtois – 2 Alderweireld, 4 Boyata, 5 Vertonghen – 15 Meunier, 8 Tielemans, 19 Dendoncker, 16 T. Hazard – 14 Mertens, 11 Carrasco – 9 Lukaku

Schiedsrichter: Björn Kuipers (Niederlande)

Von Sebastian Stiekel, dpa
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