Die Liga schaut fassungslos auf Borussia Mönchengladbach. Vergangene Saison noch Achtelfinalist in der Champions League – nächste Saison dann zweite Fußball-Bundesliga?
Ausgeschlossen ist das nicht mehr. Am Samstag gegen Union Berlin (15.30 Uhr/Sky) droht endgültig der Sturz in die Abstiegsregion. Die Situation lässt auch Trainer Adi Hütter fast verzweifeln.
«Das ist sicherlich gerade die schwierigste Situation in meiner 13-jährigen Trainer-Tätigkeit», gestand der 51 Jahre alte Österreicher, der im Sommer als großer Hoffnungsträger für 7,5 Millionen Euro Ablöse von Eintracht Frankfurt gekommen war, am Freitag offen. «Natürlich habe ich so etwas nicht erwartet. Ich habe etwas ganz anderes erwartet. Aber manchmal läuft es eben anders.»
Pokal-Debakel in Hannover
Nach dem peinlichen 0:3 im DFB-Pokal-Achtelfinale beim biederen Zweitligisten Hannover 96, das noch deutlich höher hätte ausfallen können, ist die Bezeichnung «nervös» für die Stimmung im Umfeld der Borussia noch völlig unzureichend. Längst fühlen sich Beobachter an die Zeit vor 2011 erinnert, als sich der fünfmalige Meister erst in der Relegation rettete und anschließend wieder zu einer Top-Adresse in der Bundesliga wurde. Davon ist aktuell kaum etwas zu sehen.
Der Mann, der wie kein Zweiter das Gesicht des Clubs nach außen verkörpert und für den Aufschwung am Niederrhein in der vergangenen Dekade steht, kann derzeit nicht öffentlich sprechen. Sportchef Max Eberl ist laut Verein krank. Vor dem wichtigen Spiel gegen Union konnte es so keine Unterstützung von ihm für den Trainer geben. Derzeit wird munter spekuliert, dass der Österreicher im Falle einer weiteren Pleite trotz der Millionen-Ablöse nicht mehr zu halten sein dürfte. Hütter bezeichnete die Gerüchte als «normalen Prozess».
Hütter unter Druck
Angst um seinen Job hat er aber (noch) nicht. «Ich spüre sehr viel Vertrauen innerhalb des Vereins von den handelnden Personen», berichtete Hütter. «Das tut mir auch gut, aber wir wissen auch, dass wir die Situation sehr schnell verändern müssen.»
Anfang Dezember, als die Borussia unter anderem im Derby beim 1. FC Köln (1:4) und gegen den SC Freiburg (0:6) dramatische Niederlagen und binnen drei Spielen 17 Gegentore kassierte, hatte Eberl Fragen nach Hütter noch als «absurd» abgetan und klargestellt: «Man entscheidet sich ja bewusst für einen gemeinsamen Weg. Wir gehen jetzt auch gemeinsam durch dick und dünn.» Ohnehin ist Eberl nicht als jemand bekannt, der einen Trainer in Krisen schnell beurlaubt.
Doch was ist in Gladbach derzeit noch normal? Dieselben Spieler, die in der Vorsaison noch Champions-League-Galas gegen Real Madrid, Inter Mailand und Schachtjor Donezk zelebrierten oder in dieser Saison zweimal den FC Bayern besiegten und dabei im Pokal sogar 5:0 demütigten, präsentierten sich zuletzt teilweise amateurhaft. «Natürlich ist das unverständlich», sagte selbst Hütter, der nach eigener Auskunft aber noch nicht ratlos ist.
Eberl bei Fans in der Kritik
Bei den Fans wird für die teils phlegmatischen Auftritte der Spieler inzwischen auch Eberl verantwortlich gemacht, weil etliche Profis auch laut Hütter derzeit mehr mit der eigenen Zukunft beschäftigt sind. «Das gab es so vorher nicht», bemerkte unter anderem die «Rheinische Post» treffend zu Kritik an Eberl.
Dass erhoffte Transfers wie von Marcus Thuram im Sommer zu Inter Mailand an plötzlichen Verletzungen scheiterten, kann Eberl kaum verantworten. Dass der Franzose nach seiner Genesung nur noch lustlos über den Platz trabt und noch kein einziges Saisontor geschossen hat, ebenso wenig. Dass der mitunter lethargisch wirkende Kader aber seit anderthalb Jahren nur punktuell verändert wurde, stört den großen Anhang trotz der unverschuldeten Corona-Krise schon eher. Denn die trifft alle Clubs – die es teilweise aber deutlich besser machten.
Vor dem wichtigen Pokalspiel in Hannover hatte ein Auftritt Eberls zudem zu verwirrten Kommentaren der Anhänger geführt. Grimmig und auffallend kurz angebunden gab er nur patzig und anscheinend widerwillig Auskunft, nannte Hütter mehrmals beim Vornamen von Ex-Coach Dieter Hecking. «Einen bedenklichen Eindruck» habe er gemacht, kommentierte die «Süddeutsche Zeitung».