Frankfurts Cheftrainer Oliver Glasner ist mit seinem Team noch sieglos. (Urheber/Quelle/Verbreiter: Arne Dedert/dpa)

Erst unnötiges Pokal-Aus, dann deftige Pleite, nun unbefriedigende Nullnummer: Champions-League-Trainer Oliver Glasner ist bei Eintracht Frankfurt schnell als Krisenmanager gefragt. 

Spätestens nach dem Chancenwucher beim ernüchternden 0:0 gegen den FC Augsburg dürfte dem defensiv denkenden Österreicher klar geworden sein, was am emotionalen Standort am Main seine größte  Aufgabe werden dürfte: den mit 28 Toren so erfolgreichen und nach Leipzig abgewanderten Stürmer André Silva irgendwie zu ersetzen.

Eintracht muss sich «neu finden»

«Wir sind dabei, uns neu zu finden. Die Eintracht musste sich immer wieder neu finden», relativierte Glasner, dessen Ex-Club Wolfsburg mit sechs Punkten schon wieder oben steht, während er den unbefriedigenden Stotterstart mit einem Bundesliga-Punkt und einer Pokalpleite bei Waldhof Mannheim erklären muss. Der gerade einmal 1,74 Meter große Rafael Borré wurde als Silva-Ersatz geholt, muss sich in der Bundesliga aber erst eingewöhnen und ist bei weitem nicht so kopfballstark wie sein portugiesischer Vorgänger. Auch die enorme Abschlussstärke muss der Kolumbianer erst nachweisen.

«Er ist ein anderer Typ», sagte Glasner. Dass der 46-Jährige nun Sportvorstand Markus Krösche kontaktiert und bis zum 31. August weitere kurzfristige Verstärkungen fordert, ist aber unwahrscheinlich. «Es wäre zu einfach zu sagen, da stellen wir jetzt einen großen Spieler rein, dann hätten wir gewonnen», sagte Glasner. Sein Augenmerk will er in den kommenden Wochen vor allem auf die bisher noch ausbaufähigen Standards legen. «Dann bin ich zuversichtlich, dass wir genügend Tore schießen», sagte Glasner.

Fans als Mutmacher

Abgesehen vom dürftigen Ergebnis war der Fußballnachmittag vor 22.000 Fans ein Mutmacher. Die Eintracht agierte spielbestimmend, schoss 21 Mal aufs Tor und ließ wenig zu, nur die große Erlösung fehlte. «Mit André Silva war das natürlich einfacher. Das Ziel ist, dass wir das auch kompsenieren», sagte EM-Teilnehmer Djibril Sow, der die Mechanismen bei der Eintracht kennt und ohne den Starstürmer mehr Bewegung im eigenen Angriff erkennt.

Die Neuzugänge Borré, Jesper Lindström und Jens Petter Hauge zeigten als Startelf-Spieler allesamt eine ordentliche Leistung. Doch die letzte Konsequenz, die die Eintracht vergangene Saison ausmachte und in den Europapokal brachte, blieb aus. «Es ist ein Lernprozess, dass die jüngeren Spieler vorne noch konkreter werden. Aber das Potenzial ist da. Mit diesen Fans wird es in Zukunft auch einfacher, wieder Tore zu machen und Spiele zu gewinnen», sagte Sow.

Umbruch nach Abgang der «Büffelherde»

Glasner erinnerte an den Umbruch nach dem Abgang der sogenannten «Büffelherde» um Sebastien Haller, Ante Rebic und Luka Jovic – und daran, dass Silva in seiner ersten Saison am Main auch nicht direkt 28 Mal getroffen habe. Allgemein klang Glasner nicht wie einer, der nach drei Pflichtspielen noch sieglos ist und im Pokal die erste  Titelchance bereits vergeben hat.

«Das Tor hat gefehlt, das müssen wir uns auch ankreiden. Ich fahre aber mit einem positiven und guten Gefühl nach Hause», sagte  Glasner, der demonstrativ betonte, «sehr entspannt» zu sein. Die Fans steckten den Frust nach fast einem Jahr coronabedingter Abstinenz schnell weg – und sangen wenige Minuten nach der Nullnummer direkt wieder vom «Europapokal in diesem Jahr».

Von Patrick Reichardt, dpa
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