Trainer Thomas Tuchel von München nimmt nach dem Spiel an einer Pressekonferenz teil. (Urheber/Quelle/Verbreiter: Sven Hoppe/dpa)

Thomas Tuchel saß immer noch vollgepumpt mit Adrenalin im großen Mediensaal der Allianz Arena und tat sich extrem schwer, den Champions-League-K.o. seines FC Bayern gegen Manchester City als verdient und leistungsgerecht zu akzeptieren. «Ich bin sehr zufrieden mit den beiden Spielen. Wir waren komplett auf Augenhöhe mit der im Moment besten Mannschaft in Europa», referierte der Trainer am Mittwochabend. Dabei sprachen die Ergebnisse eine andere Sprache: 0:3 in Manchester, 1:1 in München – in der Summe also 1:4.  

Trotzdem befand Tuchel: «Wir hatten sie am Haken!» Aber die Bayern hatten im Viertelfinale der Champions League nicht die Form und auch nicht die Klasse, die nötig ist, um große Spiele für sich zu entscheiden. Nach Erling Haalands Führungstor (57. Minute) reichte es nur noch zum Ausgleich durch einen verwandelten Handelfmeter von Kapitän Joshua Kimmich (83). Haaland hatte vor der Pause einen Strafstoß für City verschossen.

Knallharte Kritik übte Tuchel am Schiedsrichter. Clement Turpin gab er die «Note sechs». Der Franzose hatte ihn wegen Reklamierens auf die Tribüne verwiesen. Tuchel lehnte es dagegen ab, von «einem Klassenunterschied» seines Teams im Vergleich mit Pep Guardiolas Mannschaft zu sprechen. Er sprach von einem Unterschied im Selbstvertrauen und der Form. «Für das, was wir zugelassen haben in beiden Spielen, sind wir brutal bestraft worden», sagte der 49-Jährige nach dem zweiten verspielten Titel nach dem DFB-Pokal. 

Man sei «nicht die schlechtere Mannschaft gewesen», meinte auch Kimmich. Er sprach an, was fehlte, die Effektivität: «Wir brauchen die Führung, damit sie zu wackeln beginnen.»

Von Vorstandschef Oliver Kahn gab es diesmal keine Kritik am Team oder gar Vorwürfe. «Es war insgesamt eine starke Leistung von der Mannschaft, insbesondere in der ersten Halbzeit. Wenn wir da in Führung gehen, wird es ganz eng für Manchester City», sagte der 53-Jährige. Auch er benannte die Chancenverwertung als zentrales Manko. «Die Jungs haben alles reingeworfen. Jetzt hat es halt nicht gereicht», resümierte Kahn.

Er verließ die Allianz Arena kämpferisch. «Wir werden in der nächsten Saison wieder angreifen», kündigte er an. Den Trainerwechsel von Julian Nagelsmann zu Tuchel mitten in der entscheidenden Saisonphase hält er weiterhin für die absolut richtige Entscheidung. «Wir sind total überzeugt, dass wir mit Thomas Tuchel früher oder später wieder dort sind, wo wir alle hinwollen, nämlich ganz nach oben – auch in Europa», sagte der Vorstandsvorsitzende.

Kahn und Tuchel richteten den Blick noch in der Nacht auf das einzige verbliebene Saisonziel. «Jetzt gilt vor allem die Konzentration dem, was wir noch erreichen können, das ist die deutsche Meisterschaft», sagte Kahn. Der Serienmeister führt die Bundesliga sechs Spieltage vor Saisonende mit zwei Punkten vor Borussia Dortmund an. «Die Meisterschaft ist alles andere als in der Tasche», mahnte Tuchel. Die nächste Aufgabe am Samstag bei seinem Ex-Club FSV Mainz 05 erhob er flugs zur «Charakterprobe». 

Kahn erwartet den elften Meistertitel in Serie als Trostpflaster. Das Spiel gegen Man City habe ihm gezeigt, «zu was die Mannschaft fähig ist. Ich habe heute vieles gesehen, was wir jetzt auch in den letzten Spielen der Fußball-Bundesliga brauchen werden, um diesen Titel zu holen.» Die kommenden Wochen werden in München aber auch von vielen Debatten geprägt sein, über den Kader, insbesondere einen neuen Mittelstürmer und auch über das Handeln der Vereinsführung.

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