Sven Michel freut sich auf den BVB. (Urheber/Quelle/Verbreiter: Matthias Balk/dpa)

Für den 1. FC Union Berlin ist der BVB zu Hause fast schon der Lieblingsgegner, Neuzugang Sven Michel hat eine eigene Verbindung zur Borussia.

Zunächst einmal freut sich der 31-Jährige, der erst in der vergangenen Woche vom Zweitligisten SC Paderborn nach Berlin wechselte, auf sein mögliches Heimdebüt: «Die Vorfreude ist riesig. Bisher durfte ich im Stadion immer nur gegen Union spielen.» Dabei könnte spätestens nach dem coronabedingten Ausfall von Kollege Andreas Voglsammer der Weg frei sein für das Startelf-Debüt von Michel für die Eisernen im Spitzenspiel am Sonntag (15.30 Uhr/DAZN).

Der Angreifer kommt aus Freudenberg im Siegerland, rund 18.000 Einwohner, knappe 100 Kilometer von Dortmund entfernt. Und dort drücken die Leute am ehesten dem BVB die Daumen, wie Michel «11Freunde» mal in einem Interview erzählte. «So war es auch bei mir. Aber ein echter Fan war ich nie», sagt er. Bei seinem ersten Besuch im Westfalenstadion ging er gar verloren. «Ich weiß nicht genau, was es war, aber von irgendetwas habe ich mich mal wieder ablenken lassen, kurz woanders hingeschaut und zack – weg war ich.»

Zusammen mit Sahin gespielt

Nicht seine einzige bittersüße Erfahrung mit dem Ruhrgebietsclub. In der Jugend ist er ein Jahr beim BVB, unter anderen gemeinsam mit einem gewissen Nuri Sahin. Doch er bleibt nur ein Jahr. «Sportlich war es schwierig, ich war noch nicht so weit», sagt Michel. Auch die schulischen Leistungen brechen ein. Trotzdem habe er die Zeit in guter Erinnerung.

Den mittlerweile klassischen Weg über ein Jugendinternat in den Profifußball geht der 31-Jährige nicht. Über die Landesliga bei SuS Niederschelden geht es zu den Sportfreunden Siegen, dann zur zweiten Mannschaft von Borussia Mönchengladbach, zu Energie Cottbus und schließlich zum SC Paderborn, wo Michel maßgeblich am Durchmarsch von der 3. Liga in die Bundesliga beteiligt war.

Nun spielt der Stürmer, der in der Jugend eine Elektrikerlehre in einer Walzengießerei begann, also beim Arbeiterclub Union. «Das passt schon sehr gut. Union und ich, das kann gut klappen. Ich werde mir für den Verein den Arsch aufreißen.»

Rückennummer zehn von Kruse

Bei den Köpenickern ist man bedacht darauf, Michel nicht als Eins-zu-Eins-Ersatz vom abgewanderten Kreativspieler Max Kruse dastehen zu lassen. Auch wenn er die Rückennummer zehn von Kruse übernimmt und im Zuge von dessen Wechsel verpflichtet wurde. «Sven Michel soll Sven Michel sein, dann machen wir schon vieles richtig», sagt Union-Trainer Urs Fischer. Nicht nur von der Persönlichkeit her ist Michel, der in der Pandemie mit seiner Frau im Garten ein Gewächshaus baute und gerne Kräuter im Wald sammelt, ein anderer Typ – auch sportlich. «Ich bin ein sehr robuster Spieler, habe gute Laufwege in die Tiefe. Ich kann Bälle festmachen.»

Von der 2:5-Pleite des BVB gegen Bayer Leverkusen will sich der 31-Jährige nicht blenden lassen. «Dortmund ist eine Bombenmannschaft, da kommt eine Gewalt auf uns zu. Die gilt es zu verteidigen. Mit den Fans im Rücken ist alles möglich», sagte er unter der Woche.

10.000 Fans dabei

Und die dürfen wieder deutlich zahlreicher ins Stadion An der Alten Försterei als zuletzt: 10.000 werden am Sonntag dabei sein und alles versuchen, damit die Berliner ihre makellose Heimbilanz gegen den Tabellenzweiten aus Dortmund in der Bundesliga ausbauen. Zwei Spiele, zwei Siege bisher, darunter Unions erster Sieg im Oberhaus nach dem Aufstieg 2019, als im Stadion eine riesige Party ausbrach. In dieser Saison spielt Union überraschend um die Champions-League-Plätze mit.

Fischer jedenfalls bescheinigt seinem Neuzugang, dass er «gut unterwegs» sei, seine Bindung an die Mitspieler immer besser werde – und macht ihm Hoffnungen auf einen Einsatz von Beginn an. Dann drücken sie vielleicht auch in Michels Heimat ausnahmsweise mal nicht nur dem BVB die Daumen, wo die «Siegener Zeitung» schon nach dem Wechsel schrieb: «Spielt ein Siegerländer bald in der Champions League?»

Von David Langenbein und Jens Marx, dpa
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