Trainer Tayfun Korkut hofft auf einen Erfolg seiner kriselnden Hertha. (Urheber/Quelle/Verbreiter: Andreas Gora/dpa)

Tayfun Korkut wusste, worauf er sich als Trainer bei Hertha BSC einließ. Adi Hütter bei Borussia Mönchengladbach nicht.

Dass der für 7,5 Millionen Euro aus Frankfurt eingekaufte Österreicher mit dem Champions-League-Achtelfinalisten des Vorjahres in dieser Saison ernsthaft gegen den Abstieg spielen würde, hätte sich Hütter nach eigener Aussage nie träumen lassen. Mehr noch: Neun Spieltage vor dem Ende der Fußball-Bundesliga wird neben seinem Berliner Kollegen Korkut auch Hütter mehr denn je infrage gestellt – und das, obwohl der 52-Jährige am Samstag (18.30 Uhr/Sky) im direkten Krisenduell mit der Hertha gar nicht an der Seitenlinie stehen kann.

Hütter in Corona-Isolation

Wegen eines positiven Corona-Tests wird Hütter derzeit von Co-Trainer Christian Peintinger vertreten. Ob ihn dies im Falle eines weiteren Rückschlags aber vor der Beurlaubung schützt, ist unklar. «Es gibt den Plan A und den verfolge ich», sagte Gladbachs Sportchef Roland Virkus wiederholt auf Fragen zur Trainersituation. Auch wenn mit «Plan A» natürlich die Zusammenarbeit mit Hütter gemeint war, hat es schon deutlicher Rückendeckung für Trainer gegeben.

Auch Hütters Landsmann Peintinger ist sich der Situation der Borussia, die nur vier Punkte vor dem Drittletzten Berlin rangiert, bewusst: «Es geht nicht um die Situation und was nach dem Spiel wäre – es geht nur um dieses Spiel.» Schon oft in seiner Karriere meisterte Hütter schwierige Situationen – unter anderem in Frankfurt. Doch die Arbeit am Niederrhein entwickelte sich nach dessen eigener Aussage zur «schwierigsten Situation» seiner Trainertätigkeit.

Was ihn mit Korkut verbindet, ist das fragile Gesamtgebilde eines Clubs, unter dem am Ende der Trainer leiden könnte. Natürlich hat Hütter die groteske Defensivschwäche des einstigen Spitzenclubs nie in den Griff bekommen. Natürlich haben Hütter und sein Trainerteam mit Grüppchenbildung im Kader zu kämpfen. Das machte Mittelfeldspieler Christoph Kramer zuletzt öffentlich und das wollte auch Virkus nicht leugnen, auch wenn er versuchte, dies klein zu reden: «Du wirst im Fußball immer Gruppen haben. Entscheidend ist, dass diese Gruppen nicht gegeneinander arbeiten. Und das kann ich nicht erkennen.»

Allerdings war Hütter im Sommer in Gladbach unter anderen Voraussetzungen als Korkut im Spätherbst bei der da schon schwer kriselnden Hertha angetreten. Die finanziellen Zwänge der Corona-Pandemie setzten der Borussia arg zu und verhinderten den dringend benötigten und offenbar auch von Hütter gewünschten Kaderumbau. Dass sein Fürsprecher Max Eberl im Januar aus gesundheitlichen Gründen unerwartet früh als Sportchef hinschmiss, trug ebenfalls nicht zur Stabilisierung des Clubs bei.

Hertha im Dauerkrisenmodus

Bei der Hertha ist die Lage dagegen noch gravierender. Anders als die vormals eine Dekade um Europapokalplätze spielende Borussia befindet sich der Club, der auch über die Berliner Stadtgrenze hinaus so gerne bedeutsam wäre, seit Jahren im Dauerkrisenmodus. Unter Korkut gelang in diesem Jahr noch nicht ein Sieg. Mit 23 Punkten steht die Hertha auf dem Relegationsplatz, nur noch einen Punkt vor Stuttgart auf Rang 17. Am vergangenen Wochenende setzte es ein deftiges 1:4 gegen Eintracht Frankfurt. Zu allem Überfluss stellt nun auch Investor Lars Windhorst mit seiner Tennor-Gruppe offenbar die Machtfrage.

Windhorst könnte es auf der Mitgliederversammlung im Mai auf eine Machtprobe mit dem nicht unumstrittenen Präsidenten Werner Gegenbauer ankommen lassen, um mehr Einfluss zu bekommen. Geschäftsführer Fredi Bobic beklagte erneut die permanente Unruhe im Umfeld des Vereins. Er fordere «von allen, wirklich von allen» Ruhe ein.

Dem angeschlagenen Korkut stärkte Bobic zuletzt den Rücken, betonte indes auch: «Wir müssen am Wochenende punkten.» Ein weitere Pleite dürfte Korkuts Aus bedeuten. «Verlieren verboten, ich habe da nichts dagegen», fasste Korkut Bobics Vorgabe selbst zusammen – der Job des Hertha-Coaches scheint jedenfalls gefährdeter als der von Hütter.

Der nicht gerade als Lautsprecher bekannte Korkut wurde im öffentlichen Training deutlich: «Scheiß auf mich, ich möchte, dass ihr gewinnt.» Am Mittwoch trafen sich die Spieler alleine zum Essen. Von solchen Aktionen hält man am Niederrhein wenig. «Es gab bei uns keine Krisensitzung und es gibt bei uns keine Krisensitzung», sagte Virkus und verkündete: «Die Situation ist natürlich kompliziert, keine Frage. Was hilft uns? Drei Punkte.» Das gilt für beide Clubs.

Von Carsten Lappe und David Langenbein, dpa
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