Julian Nagelsmann stapfte in seiner markanten Art wie ein siegreicher Gladiator durch den Mittelkreis des Leipziger Stadions. Tröstende Umarmungen für seine Ex-Spieler von RB Leipzig wechselten sich mit triumphalem Abklatschen mit seinen Super-Bayern ab.
Die 4:1-Demonstration von Rekordmeister Bayern München bei den Sachsen war nicht nur eine bemerkenswerte Rückkehr des Trainers an seine alte Wirkungsstätte. Das sogenannte Topspiel der Fußball-Bundesliga hat zudem schonungslos offenbart, dass die Bayern mal wieder einen Konkurrenten erfolgreich geschwächt haben.
Folglich wirkte es eher amüsant, als Nagelsmann im Anschluss versuchte, den nicht mehr konkurrenzfähigen Vizemeister aus Leipzig stark zu reden. «Die sieben Punkte Vorsprung vor Leipzig sind etwas, das sehr wichtig ist. Denn RB wird noch viel punkten, weil sie gut sind und gute Sachen machen», sagte der 34-Jährige. Die Wahrheit ist, dass die Verluste von Nagelsmann, Abwehrchef Dayot Upamecano und Kapitän Marcel Sabitzer nach München für Leipzig schlicht essenziell waren und nicht zu kompensieren sind.
Musiala überragend
So überlegen und so deutlich wie durch die Tore von Robert Lewandowski (12. Minute/Handelfmeter), dem überragenden Jamal Musiala (47.), Leroy Sané (54.) und Eric Maxim Choupo-Moting (90.+2) hatten die Bayern noch nie in Leipzig gewonnen. Dass der im Sommer von den Bayern kontaktierte Konrad Laimer (58.) mit seinem Traumtor aus 20 Metern den einzigen Leipziger Treffer erzielte, passte perfekt ins Bild.
Die Bayern haben einen Konkurrenten weniger, was für die ohnehin rare Spannung in der Bundesliga alles andere als förderlich ist. Und am Sonntag legte Leipzigs Vorstandschef Oliver Mintzlaff in Sachen Upamecano auch noch mit einer etwas kruden Einordnung nach. Man solle doch froh sein, dass der Spieler nicht ins Ausland gewechselt sei. «Grundsätzlich ist es wichtig, dass Stars in der Bundesliga bleiben. Wir wollen die Lücke zu internationalen Ligen, insbesondere zur Premier League, ein Stück weit schließen», sagte Mintzlaff bei Bild-TV.
Grundsätzlich zeichnet aber gerade die Premier League aus, dass dort mindestens vier Mannschaften die realistische Chance haben, Meister zu werden. Und grundsätzlich ist auch nicht absehbar, dass Trainer, Abwehrchef und Kapitän in einem Sommer von Manchester City zum FC Liverpool wechseln würden.
Lewandowski wird geschont
Hierzulande hofft man, dass wenigstens Dortmund die Bayern ärgern kann, während die Profis des Rekordmeisters in aller Ruhe und ungefährdet den nagelsmannschen Fußball lernen können. «Der Motor stockte ein bisschen, trotzdem gewinnen wir 4:1», betonte Nagelsmann. «Wir können aber besser Fußball spielen.» Und der Sieg sei ohnehin ein wenig zu deutlich ausgefallen.
Ist er nicht. Das unterstreicht nicht nur die Statistik, in der bei den aus den Chancen erwartbaren Toren am Ende auch jenes 4:1 stand. Es war auch für jeden der 34.000 Zuschauer im Stadion klar ersichtlich, schließlich ließen Lewandowski und Sané noch weitere Großchancen ungenutzt. Nagelsmann konnte es sich sogar leisten, seinen polnischen Superstar vorzeitig vom Platz zu nehmen, um ihn für das erste Gruppenspiel der Champions League am Dienstag beim FC Barcelona zu schonen.
Gnabry angeschlagen
Lewandowski klagte über leichte Spannungen im Adduktorenbereich, ein Einsatz im Camp Nou ist laut Nagelsmann aber nicht gefährdet. Bei Serge Gnabry sieht es schlechter aus. Der Nationalspieler musste schon vor der Pause mit Rückenproblemen ausgewechselt werden. Es sei «vielleicht ein Hexenschuss», meinte Nagelsmann. Das könne schnell gehen, aber auch dauern. Die Sorgen dürften sich in Grenzen halten, schließlich zeigte Musiala, dass er Gnabry mindestens gleichwertig ersetzen kann.
In Leipzig sind die Sorgen deutlich größer. Zumal es nach der Abreibung durch die Bayern nun zu Manchester City geht. «Wir müssen irgendwie schauen, dass wir aus Manchester ein Ergebnis mitbringen», sagte Mintzlaff. Ein Ergebnis wird es auf jeden Fall geben. Zu befürchten ist allerdings die nächste klare Niederlage.