Wolfsburgs Jule Brand (l) und Lena Oberdorf kämpfen mit Bayerns Pernille Harder um den Ball. (Urheber/Quelle/Verbreiter: Fabian Strauch/dpa)

Die Ampel an der Kreuzung unweit des Kölner Rudolfplatzes zeigte rot, der grüne Teambus stoppte. Zwei Türen gingen auf, heraus hüpften Fußballerinnen des VfL Wolfsburg. Grölend umrundeten sie den Bus, skandierten lautstark «VfL, VfL».

Zwei Spielerinnen schleppten dabei schwer: Kapitänin Alexandra Popp war mit dem silbernen DFB-Pokal beladen, Lena Oberdorf trug neben Sonnenbrille auch ein voluminöses und gut gefülltes Glas. Wie die offizielle Party-Anführerin wirkte sie damit, was gut zur Rolle als sportliche Führungskraft passte, die Oberdorf wenige Stunden zuvor beim 2:0 im Endspiel gegen den FC Bayern München auf dem Platz eingenommen hatte.

«Wir wollten den Pokal unbedingt, weil die Saison von uns durchwachsen war. Wir wollten den Titel gewinnen, scheiß drauf wie», sagte Oberdorf bei Sky nach dem 50. siegreichen Wolfsburger Cup-Spiel in Serie, das dem Club zugleich den zehnten Pokal-Titel nacheinander bescherte. Auch, weil Oberdorf in ihrem zumindest vorerst letzten großen Finale für den VfL so unerschrocken auftrat wie später als Feierbiest bei der Bus-Party im Straßenverkehr der verstopften Innenstadt. 

«In so einem Spiel unter dem Fokus so eine Leistung zu bringen, zeigt ihre Klasse, sie ist Weltklasse», lobte Wolfsburgs Coach Tommy Stroot. «Das ist Wahnsinn, in so jungen Jahren, so eine Stabilität auch unter solchem Fokus und solchen Bedingungen zu liefern.»

Ein verhängnisvoller Satz

Zu den Bedingungen: Seit Mitte Februar ist bekannt, dass der 22 Jahre alte Mittelfeld-Star im Sommer von Wolfsburg zu den Bayern wechselt. Ein brisanter Transfer. Mehr als 400.000 Euro zahlte München, das den Niedersächsinnen die Ausnahmestellung im deutschen Frauenfußball streitig machen wollen.

«Ich kann mir nicht vorstellen, zu den Bayern zu gehen», hatte Schalke-Fan Oberdorf noch kurz vor der EM 2022 gesagt. «Selbst, wenn die Bayern gegen Dortmund gespielt haben, war ich eher für Dortmund. Das sagt alles, oder?» Darauf angesprochen erklärte sie nach dem 2:0 am Donnerstag: «Es war sehr speziell. Ich habe medial viel abbekommen.» So einen Satz würde sie heute nicht mehr sagen: «Das war so mein jugendliches Ich, als wir damals mit Essen verloren. Heute bin ich reif, gewachsen, würde so eine Aussage nicht wieder tätigen.»

Mangelnden Einsatz wollte sie sich so kurz vor ihrem Abgang nach München im 110. Pflichtspiel für den VfL bei dieser Vorgeschichte erst recht nicht vorwerfen lassen müssen: «Mir war es umso wichtiger zu zeigen, dass ich für den VfL Wolfsburg spiele und mein letztes Hemd lasse», sagte sie nach einer Leistung, die solche Sätze rechtfertigt.

Popp: Oberdorf «frei im Kopf»

Oberdorf gewann den entscheidenden Zweikampf gegen Bayerns Sarah Zadrazil und ermöglichte so Jule Brands 1:0 (14. Minute), beim 2:0 durch Dominique Janssen (40.) war sie ebenfalls in der gefährlichen Zone präsent. Nur das 24. Pflichtspiel-Tor für den VfL blieb ihr trotz zweier guter Chancen zur Krönung verwehrt.

«Ich bin sehr, sehr beeindruckt, wie Lena Oberdorf, die ist ja immer noch sehr jung, hier heute bei so einem wichtigen Spiel aufgetreten ist», lobte Manager Ralf Kellermann. «Sie gehörte zu den besten Spielerinnen auf dem Platz, überhaupt kein Anzeichen von Nervosität oder dass die Situation sie belasten könnte. Das war großartig.»

Kapitänin Popp analysierte anerkennend: «Sie hat ein bärenstarkes Spiel gemacht und extrem viele Zweikämpfe gewonnen. Sie hat sie nicht nur gewonnen, sondern sie hat sie nach vorne gewonnen, sie war meist in den Offensivaktionen beteiligt, hat die Bälle verteilt, ist mit torgefährlich geworden. Das ist schön zu sehen, dass sie da diese Freiheit hat, dass sie frei im Kopf war.»

«Lena Oberdorf kann in jedem großen Verein der Welt spielen»

Auch ihr künftiger Coach Alexander Straus lobte die Leistung als «fantastisch». In der kommenden Saison genießt der Meistertrainer das Privileg, die Vize-Europameisterin ins Team einbauen zu dürfen. Dass sie auch in München ihre Extraklasse zeigen wird, steht für Straus‘ Kollegen Stroot längst fest: «Lena Oberdorf kann in jedem großen Verein der Welt spielen, sie hat alle Möglichkeiten.» Auf dem Platz und im Partybus.

Von David Joram, dpa
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