Kämpft gegen den Krebs: Ex-Meistertrainer Christoph Daum. (Urheber/Quelle/Verbreiter: Sebastian Räppold/Matthias Koch/dpa)

Der Montagmorgen der vorletzten Juni-Woche beginnt für Christoph Daum ein wenig ungewöhnlich. Bei bestem Sommerwetter hat er es sich auf der Terrasse seiner riesigen Villa in Köln bequem gemacht, im Hintergrund seines Gartens zwitschern die Vögel, Daum liest ein englisches Buch über Wirtschaftspolitik.

«Heute liege ich hier nur auf der Terrasse», erzählt der 69-Jährige am Telefon – und genau das ist das Ungewöhnliche. Denn eigentlich liegt Christoph Daum nie einfach nur so herum. Er braucht die Bewegung, den Stillstand mag er nicht. «Du musst immer wieder aktiv werden» – das ist einer seiner Lieblingssätze. So war es immer. Bis der Krebs kam, der sein Leben veränderte.

Im vergangenen Jahr bekam der langjährige Bundesliga-Trainer die Diagnose. Zunächst wurde kein Herd gefunden, nur mehrere Metastasen an verschiedenen Stellen im Körper, vor allem in der Lunge. Daum bekam das volle Programm, Chemotherapie, Immuntherapie, unzählige Medikamente. Einige Zeit später waren die Metastasen verschwunden, auch Daums Haare waren weg. Ein paar Wochen später kamen die Haare wieder, aber auch die Metastasen. Mittlerweile steckt er mitten in seiner zweiten Chemotherapie: «Alles so weit in Ordnung, würde ich sagen.» Selbst wenn es nicht so wäre, würde er es zumindest öffentlich wohl nie zugeben.

Schon immer ein Kämpfer

Christoph Daum war immer ein Kämpfer, seine Biografie hat fast schon logischerweise dieses Bild von ihm entstehen lassen. Aufgewachsen im tiefsten Ruhrpott und ohne großes fußballerisches Talent, musste er sich eben anderweitig in die Trainer-Elite hocharbeiten. Die großen Bayern um Uli Hoeneß lachten ihn am Anfang aus, als er sie mit großer Klappe attackierte. Wahrgenommen wurde Daum erst, als er die Münchner auch in der Tabelle attackierte. 1992 holte er mit dem VfB Stuttgart dann sogar die deutsche Meisterschaft, knapp zehn Jahre später sollte er Fußball-Bundestrainer werden. Bis er über die Kokain-Affäre stolperte. Seine Karriere schien vorbei. Aber Daum kam zurück.

«Du kannst hinfallen. Es ist auch nicht entscheidend, wie oft du hinfällst. Du musst nur immer wieder aufstehen.» Noch so ein typischer Daum-Spruch. Er könnte das auch jetzt sagen während seiner Krebserkrankung. Tatsächlich hat er ähnliche Weisheiten zuletzt immer mal wieder in Interviews preisgegeben. Man kann darüber lachen oder solche Sprüche als platt abtun. Typisch Daum halt. Fakt ist allerdings: Er kam bis jetzt tatsächlich immer wieder zurück. Als er nach dem Koks-Skandal in die USA flüchtete, war er schon wenige Wochen später wieder da und fing den nächsten Trainerjob an. Über das Ausland arbeitete er sich sogar zurück in die Bundesliga. Auch der Krebs hat ihn bislang nicht kleinbekommen.

«Wie geht dat aus?»

«Klar gibt es Phasen, wo es dir nicht so gut geht, wo du dir die Frage stellst: Wie geht dat aus? Wie geht dat weiter?», sagt er. «Aber du musst auch solche negativen Gedanken zulassen, sie akzeptieren, sie gehören zum Leben dazu. Wichtig ist nur, schnell wieder ins Agieren zu kommen, in den positiven Modus hereinzukommen.» Er macht das, indem er trotz allem immer wieder versucht, aktiv zu werden. Daum kocht gerne, also geht er manchmal einkaufen und stellt sich danach an den Herd. Auch der Golfplatz ist zu einem Ritual geworden, und wenn der Körper es zulässt, geht er zumindest noch ab und zu auf die Driving Range. Oder eben einfach spazieren im Wald vor seinem Haus.

Der Krebs hat sein Leben verändert, aber Daum will auf keinen Fall zulassen, dass er die Kontrolle übernimmt. Jeder Tag beginnt für ihn derzeit mit drei Tabletten, es waren mal sieben. Anschließend versucht er, viel Wasser zu trinken, «um die ganzen Infusionsstoffe auszuspülen», wie er sagt. Fast alle zwei Tage geht er in die Klinik, um irgendwelche Blutuntersuchungen vornehmen zu lassen. Wenn der Krebs also schon große Teile seines Alltags dominiert, dann eben doch bitte nicht alle. 

Engagement für die Deutsche Diabetes-Hilfe

Vor kurzem war er beispielsweise noch in Berlin. Daum engagiert sich seit Jahren für die Deutsche Diabetes-Hilfe. In der Hauptstadt coachte er den FC Diabetologie beim Spiel gegen den FC Bundestag. Deutlich stärker seien die Abgeordneten gewesen als in den vergangenen Jahren, erzählt Daum. «Die werden auch immer jünger.» Trotzdem gewann Daum mit seinem Team am Ende mit 2:1. In den nächsten Wochen sind auch wegen der Chemotherapie («Diese Gifte sind absolute Energieräuber») aber erst mal keine Reisen mehr geplant.

Obwohl er im Moment sogar schmerzfrei ist: «Wie sagt man so schön: Den Umständen entsprechend geht es mir gut.» Als er das sagt, muss er sogar kurz über sich selbst lachen. Er liegt noch immer auf der Terrasse in seinem Garten, schon mehr als eine Stunde. Aber nicht mehr lange, weil sein Bruder Eberhard gleich am Flughafen ankommt. Daum will ihn abholen, und dann ist es mit der kurzen Ruhe auch schon wieder vorbei: «Gleich geht es zum Flughafen, dann ist wieder Action – und das ist auch gut so.»

Von Nils Bastek, dpa
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