Niclas Füllkrug (M) schoss das einzige Tor der DFB-Elf beim 1:0 im Oman. (Urheber/Quelle/Verbreiter: Christian Charisius/dpa)

Neue Videos mit feiernden Bremer Kollegen verbreiteten sich im Internet noch nicht. Die Lobeshymnen von Hansi Flick und seinen WM-Mitstreitern klangen Niclas Füllkrug beim Einzug der Fußball-Nationalmannschaft ins Turnier-Hotel in Katar aber sicherlich noch in den Ohren.

«Ich hatte der Mannschaft gesagt: Zeigt, dass ihr bereit seid für Katar, für die WM! Er hat es gezeigt!», sagte der Bundestrainer nach dem erlösenden Treffer seines Mittelstürmers beim Länderspieldebüt zum 1:0 im Oman.

Wenige Tage vor der ersten harten WM-Prüfung gegen Japan war der 29 Jahre alte Werder-Angreifer Flicks Retter und Gewinner zugleich. «Er ist ein wichtiger Spieler für uns, gerade in der Box. Er hat das Gefühl im Zentrum. Er wird wichtig sein für uns, auf jeden Fall. Deswegen freut es mich umso mehr, dass er im ersten Spiel schon getroffen hat», sagte Kapitän Manuel Neuer. Wenn eine Kapazität von Neuer vor seinem persönlich vierten WM-Turnier so etwas nach nur 45 Füllkrug-Minuten im Nationaltrikot sagt, dann ist das ein verbaler Ritterschlag.

Füllkrug will «entspannt bleiben»

In den Status des großen WM-Hoffnungsträgers wollte sich Füllkrug aber nicht heben lassen. «Für mich geht alles ein bisschen Schlag auf Schlag», beschrieb er seinen Aufstieg innerhalb gut eines Jahres vom für viele unbekannten Zweitliga-Stürmer zur symbolträchtigen deutschen Nummer 9. «Ich versuche weiter, entspannt zu bleiben. Ich bleibe weiter bodenständig und demütig. Ich bin froh, dass ich hier bin», sagte Füllkrug, der womöglich auch vom WM-Ausfall von Timo Werner und Lukas Nmecha profitierte, der ARD.

Der online gehypte Clip der Werder-Profis, die alleine die Nominierung ihres Kollegen mit der auf Füllkrug umgedichteten Ode auf den nordirischen Kult-Stürmer mit dem phonetisch ähnlich klingenden Namen Will Grigg feierten, stand im euphorischen Gegensatz zu dieser Bescheidenheit. «On fire» sei ihr Goalgetter, schmetterten die Hanseaten vor einer Woche. Im fast schon fortgeschrittenen Fußballer-Alter weiß Füllkrug natürlich, dass das auch von Bundestrainer Flick beschworene «Momentum» voll auf seiner Seite ist.

Moukoko bei Pfostenschuss im Pech

Teenie-Debütant Youssoufa Moukoko fehlte bei seinem Pfostenschuss gegen den Oman das Tor-Glück, das Füllkrug zufliegt. «Er ist jung, er ist 17 Jahre, er wird die nächsten Tage 18. Ich bin wirklich froh. So, wie er sich hier im Training gibt, das ist alles wunderbar», sagte Flick über den jungen Dortmunder, der im Job-Sharing mit Füllkrug die erste Hälfte ran durfte.

Der Bundestrainer rief gleich eine WM-Schonzeit für Moukoko aus. «Gebt ihm einfach die Zeit, die er braucht. Die geben wir ihm. Wir wollen ihn unterstützen. Er hat einfach sehr gute Anlagen. Das wollen wir fördern», sagte Flick. Moukoko darf als viertjüngster Nationalspieler in der DFB-Geschichte in Katar jetzt einfach schnuppern und lernen.

Für Füllkrug gelten andere Kriterien. Die gleich nach dem Tor in Maskat in ein forderndes Statement verpackte Frage, ob der DFB-Neuling nun beim WM-Auftaktspiel gegen Japan in die Startelf gehöre, entsprang dem Reflex der überbordenden deutschen Sehnsucht nach dem abschlusssicheren Zielspieler im Sturmzentrum.

Füllkrug in prominenter Gesellschaft

Flick ging auf die typische Mittelstürmer-Manie nicht ein. «Wir lassen alles mit einfließen, deswegen haben wir noch ein paar Tage Zeit und können das in Ruhe entscheiden», sagte er zu Füllkrugs Startchancen gegen Japan. Die rationale Logik ist eine andere. Füllkrug hatte nämlich genau das gezeigt, wofür ihn Flick berufen hat. Den Lucky Punch in verworrener Lage hatte der Stürmer gesetzt. Diese Joker-Qualität könnte auch bei der WM gefragt sein.

Eines hat Füllkrug aber schon geschafft. Er steht auf einer Liste mit prominenten Premieren-Torschützen im DFB-Trikot. In diesem Jahrtausend schafften das etwa WM-Rekordtorjäger Miroslav Klose (16 Turniertreffer), Mario Gomez und auch der aktuelle Teamkollege Serge Gnabry, der einst gegen San Marino zum Einstand sogar dreimal traf.

Garantien geben Statistiken aber nicht, wie auch das Bremer Internet-Liedgut. Der viel besungene Will Grigg kam bei der EM 2016 für Nordirland gar nicht zum Einsatz. Ihr DFB-Debüt im letzten Test vor einem WM-Turnier – so wie jetzt Füllkrug und Moukoko – feierten zuletzt 1990 Andreas Köpke und Paul Steiner. Beim Turnier in Italien spielten beide keine Minute – aber sie wurden immerhin Weltmeister.

Arne Richter und Klaus Bergmann, dpa
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