Die Fußball-Sommerpause hat Spuren hinterlassen – nicht nur im Kader, sondern auch tief in den Katakomben der Arena von Bayer Leverkusen. Im Medien- und VIP-Bereich glänzen frische Schriftzüge, neue Wandbilder erzählen die Geschichte vom erfolgreichsten Jahr der Vereinsgeschichte mit dem Gewinn des Doubles.
Im Medien-Kiosk prangt nun ein großformatiges Foto der Meistermannschaft. «Der ist weg, der ist weg und der auch», murmelt eine langjährige Mitarbeiterin, während sie mit dem Finger einzelne Köpfe auf dem Bild antippt. Ihr nüchternes Fazit: «Dieses Jahr gewinnen die auch nichts, da braucht man gar nicht spekulieren.»
Neue Ära unter Ten Hag startet im Pokal
Auch Neu-Trainer Erik ten Hag sparte zuletzt nicht mit klaren Worten: «Wir haben eine Herausforderung – die Mannschaft, der Trainer, der Vorstand: Wir werden eine neue Ära entwickeln müssen», betonte der Nachfolger von Erfolgstrainer Xabi Alonso. Am Freitagabend (18.00 Uhr/Sky) beginnt diese Ära im DFB-Pokal beim Südwest-Regionallisten SG Sonnenhof Großaspach.
Ein Pflichtspiel, das mehr ist als nur eine erste Runde. Es ist die erste Bewährungsprobe nach einem Sommer voller Abschiede. «Es gibt noch viele Schwachstellen. Auf einigen Positionen müssen wir uns noch verstärken, um das Ziel – unter die ersten Vier zu kommen – zu erreichen», sagte ten Hag und forderte zugleich vier bis fünf weitere Zugänge.
Licht und Schatten in der Vorbereitung
Zwar sind in Malik Tillman, Jarell Quansah, Ibrahim Maza und Mark Flekken bereits Verstärkungen da, doch auch die Abgangswelle rollt ungebremst weiter. Nach dem Weggang eines Großteils des bisherigen Rückgrats – von Taktgeber Florian Wirtz über Flügelsprinter Jeremie Frimpong bis zur defensiven Stabilität um Granit Xhaka, Jonathan Tah und Schlussmann Lukas Hradecky – steht Leverkusen vor einem radikalen Neustart.
Bei der sich nun neu formierenden Werkself lief die Vorbereitung teils holprig. Es mangelte an eingespielten Abläufen und an offensiver Wucht, auch die Defensive wirkte stellenweise unausgegoren, wie zuletzt das 0:2 im Testspiel beim FC Chelsea zeigte. Die größte Klatsche war zweifellos die 1:5-Pleite gegen die U20 von Flamengo im Trainingslager in Brasilien. Siege gegen Pisa (3:0), Fortuna Sittard (2:1) und Bochum (2:0) sorgten aber auch für positive Akzente.
Mehr Verantwortung für Andrich und Schick?
Die Gebliebenen richten den Blick nach vorn. «Ich glaube schon, dass wir alle gut daran tun, jetzt mal einen Haken an die Abgänge zu machen und ihnen nicht mehr nachzuweinen – auch wenn sie sehr wichtige Spieler waren», sagte Robert Andrich. Nach einer Saison als Reservist hatte der Nationalspieler selbst mit einem Wechsel geliebäugelt.
Doch bei den jüngsten vier Testspielen trug der 30-Jährige die Kapitänsbinde – ein Zeichen des Vertrauens. Mit Patrik Schick, der inmitten des personellen Umbruchs seinen Vertrag bis 2030 verlängerte, könnte Andrich den Neuanfang verkörpern. «Bayern-Jäger zu sagen ist noch ein bisschen früh, aber wir sind selbstbewusst und Champions League ist schon unser Ziel», betonte er.
Hohe Ziele und erste Bewährungsprobe
Auch der neue Coach macht keinen Hehl aus seinen Ambitionen: «Ich liebe es, Trophäen zu gewinnen. Das habe ich in meiner Karriere immer gemacht. Ich möchte diesen Prozess fortsetzen. Das ist meine Herausforderung mit Leverkusen», sagte ten Hag, der nicht nur in der Bundesliga-Spitze mitspielen, sondern auch in der Champions League und im DFB-Pokal erfolgreich sein will.
Ob unter ihm der Umbruch gelingt, wird maßgeblich darüber entscheiden, ob Bayer Leverkusen an die Erfolge der vergangenen Jahre anknüpfen kann. Das Pokalspiel beim Viertliga-Aufsteiger und selbst ernannten «Dorfclub» markiert dabei den Auftakt. Es ist sportlich Pflicht, aber zugleich auch eine Chance für ein erstes Statement der neuen Werkself auf dem Weg in eine neue Ära.