Viel besser hätte die Premiere für Kasper Hjulmand nicht laufen können. Oder doch? «Ich würde es nicht als perfekten Start bezeichnen mit zwei Roten Karten», sagte der neue Trainer von Bayer Leverkusen nach dem spektakulären 3:1 seiner Mannschaft gegen Eintracht Frankfurt und lächelte. Wie erleichtert und zufrieden er tatsächlich war, sah man dem 53-Jährigen dabei deutlich an.

Die Platzverweise für Kapitän Robert Andrich und Ezequiel Fernández (beide Gelb-Rot) schwächten Bayer zwar. Der Sieg zu neunt kann jedoch mehr wert sein als einfach nur drei Punkte.

Hjulmand lobt den Charakter seiner Mannschaft

Leverkusen zeigte beeindruckende Widerstandskraft. Das schweißt zusammen. «Was sich heute wirklich gezeigt hat, war Charakter – sehr starker Charakter von unserer Mannschaft», sagte Hjulmand. Darauf lässt sich aufbauen.

Nur zwei Tage hatte der dänische Nachfolger von Zwei-Monats-Missverständnis Erik ten Hag Zeit, um die Mannschaft auf das erste Spiel unter seiner Leitung im Training vorzubereiten. Er nutzte sie. Komplizierte taktische Feinheiten übte er nicht ein. Hjulmand schaffte stattdessen etwas viel Wichtigeres.

Starker Tella über Freiheiten: «Das ist ein schönes Gefühl»

«Er hat uns viel Vertrauen gegeben», sagte Offensivspieler Nathan Tella, der mit Doppeltorschütze Alejandro Grimaldo der auffälligste Leverkusener war. «Der Trainer hat uns das Gefühl gegeben, frei zu sein, frei zu spielen. Er hat uns die Möglichkeit gegeben, uns selbst auf dem Platz auszudrücken», ergänzte der Offensivmann, der die Frankfurter mit Tempoläufen und Dribblings immer wieder stresste. «Das ist ein schönes Gefühl.»

Die Spieler könnten auf dem Platz «nicht mit einem vollen Kopf herumlaufen und die ganz Zeit überlegen, was der Trainer will», erklärte Hjulmand seinen Ansatz. Er gebe eine Struktur vor und lasse den Profis ansonsten große Freiheiten. «Sei du selbst, drück‘ dich aus. Das ist Fußball. Das ist es, was ich gerne sehe», sagte der frühere dänische Nationalcoach.

Mit der ihnen übertragenen Verantwortung gingen die Bayer-Profis, die in den ersten beiden Ligaspielen nur einen Punkt geholt hatten, glänzend um. Bestes Beispiel: Grimaldo.

Hjulmands schnelle Rückkehr in die Heimat

Seinen Freistoß tief in der Nachspielzeit beim Stande von 2:1 hätte der Mann des Abends auch zu einem Mitspieler passen und so Zeit rausholen können. Stattdessen sorgte er per Traumtor für die Entscheidung. Grimaldo sprach über die besondere Situation in Unterzahl und deutete damit an, welche Bedeutung das Erlebnis noch haben könnte. «Die Mannschaft ist zusammengerückt», sagte der Kunstschütze.

Anders als noch im letzten Spiel unter ten Hag, als Bayer 04 eine 3:1 Führung bei Werder Bremen noch verspielte, verteidigten die Leverkusener nun stark im Kollektiv. Die nach zahlreichen Ab- und Zugängen quasi komplett neu formierte Mannschaft tankte erstmals wirklich Selbstvertrauen. Vor dem Spiel durch Hjulmands Ansprache, im Spiel durch den gemeinsamen Erfolg.

«Das ist das Vertrauen, dass wir in die Champions League mitnehmen wollen – und in die weitere Saison», sagte Tella. Am Donnerstag steht für ihn und seine Teamkollegen der erste Auftritt dieser Spielzeit in der Königsklasse auf dem Programm. Vor allem für Hjulmand wird es eine ganz besondere Begegnung: Leverkusen tritt in der Heimat des Coaches beim FC Kopenhagen an.